Hallo zusammen,
ich befinde mich seit kurzem in der Pilotenausbildung "SPL" und habe mittlerweile schon die dritte Flugstunde hinter mir.
Nur gibt es da momentan eine Sache dir mir keine Ruhe lässt, bzw. mich tatsächlich verzweifeln lässt da ich die Logik dahinter nicht anerkennen mag oder kann.
Mein Fluglehrer konnte mir bisher da keine große Hilfe sein, da ich ihm primär vertrauen soll und ich es einfach eher so machen soll mit der Begründung, dass die Erkenntnis irgendwann von ganz alleine kommt. Ich möchte aber hier nicht einfach blind irgendwas anwenden, sondern auch die Materie dahinter verstehen.
Konkret geht es um:
"Steigen und Sinken mit dem Gas, Geschwindigkeit mit dem Knüppel(Höhenruder)"
Diese Aussage widerspricht meinem Verständnis so sehr, dass ich nicht anders kann als im inneren zu rebellieren. Daher möchte ich hier euch fragen wie es tatsächlich ist und ob ihr mir Verständnishilfe leisten könnt.
Ich bin hier aber sicherlich auch ein gebranntes Kind. Hier meine Hintergrundstory:
Gehe auf die 30 zu aber von Kindheit an schon von der Aeronautik begeistert. Betreibe seit einigen Jahren auch die Modellfliegerei, habe auch eigene Flugzeuge gebaut, mir zuhause für DCS World ein "Homecockpit" gebaut und dort auch schon viele virtuelle Flugstunden runtergerockt.
Und nun möchte ich mir endlich den richtigen Traum des Fliegens erfüllen.
Auch würde ich sagen kam ich bisher mit der C42 in den wenigen Flugstunden die ich bisher hatte sehr gut klar (Vlt. täuscht es aber auch).
Zurück zur Verständnisfrage und meiner Schilderung wie ich das ganze verstehe (Die mich im Modellflug und Simulator auch nicht im Stich gelassen hat)
Gas erhöht oder veringert die Geschwindigkeit und somit natürlich auch die Anströmgeschwindigkeit. Die dadurch entstehende Auftriebskraft ist aber ein Sekundäreffekt.
Mit dem Höhenruder verändere ich den Anstellwinkel. Der Auftrieb verändert sicht. Der Geschwindigkeitsgewinn oder -verlust resultiert durch den Zu- oder Abnehmenden Widerstand + Erdanziehungskraft => Auch ein Sekundäreffekt.
Wenn ich also in einen 30° Steigflug gehen möchte, dann leite ich diesen mit dem Höhenruder ein. Gas gebe ich dazu um eine definierte Steiggeschwindigkeit zu halten. Wenn ich aber den Satz meines Fluglehrers befolge, würde das ganze so aussehen:
Ich erhöhe das Gas mit dem Ziel zu steigen und ziehe gleichzeitig am Höhenruder um z.B. auf die definierte Steiggeschwindigkeit zu kommen. Idealerweise muss ich noch ein wenig mit dem Gas spielen bis ich den Steigwinkel erflogen habe.
Das Resultat (Gas, Ruderausschlag etc.) wird das gleiche sein. Aber die erste Variante finde ich deutlich intuitiver und kann die mit dem Knüppel (Höhenruder) schöner anfliegen. Aus dem gleichen Grund wird es mir leichter fällt mit dem Knüppel einen speziellen Punkt im Raum anzufliegen und nicht erst mit dem Gas herumzuhantieren bis ich den entsprechenden Winkel habe.
Andere Beispiele:
Von 3000ft auf 2000ft stark sinken. Ich habe das verlangen den Sinkflug mit dem Höhenruder abzufangen aber nicht mit dem Gas wie es mein Fluglehrer wünscht. In jedem Fall würde ich nach dem Abfangen auch Gas dazugeben um die Geschwindigkeit zu halten. Aber das dann eben Sekundär oder gekoppelt.
Ich konnte mir tatsächlich aber auch ein Beispiel konstruieren bei dem die obige Aussage nicht mehr trägt:
"Steigen und Sinken mit dem Gas, Geschwindigkeit mit dem Knüppel(Höhenruder)"
Annahmen: Vmax und Levelflug, Knüppel Neutralstellung.
Wie soll ich jetzt weiter steigen wenn das Gas im Anschlag steht?
Mit meiner Methode ziehe ich einfach Sanft am Höhenruder und kann weiter steigen.
Finde im Internet dazu auch leider nichts.
Benötige Hilfe.
Danke
Nils
Hi, Ich fand das am Anfang auch sehr verwirrend. Da du schon erfahren und technisch versiert bist in der Welt der (Modell-)Fliegerei, kann ich dir diese Lektüre wärmstens empfehlen, wenn du Lust auf ein bisschen Englisch hast: https://www.av8n.com/how/
Vor allem Kapitel 1.3 beschreibt die Thematik sehr tiefgründig. Intuitiv wird sie dadurch aber trotzdem nicht, das kommt mit der Zeit... Und bleibt auch nur eine Art, das Fliegen in Worte zu fassen.Grüße und viel Spaß in der Ausbildung!
Fred
Gnabbla schrieb:Das ist so pauschal auch nicht richtig, wenn auch eine gute Richtschnur. Es ist zudem Flugzeugabhaengig, es gibt Flieger, die verhalten sich hier mustergueltig gemaess dem oben geschriebenen, aber es gibt auch Maschinen, die sich kaum daran halten, meine CTSW ist so ein Kandidat.
"Steigen und Sinken mit dem Gas, Geschwindigkeit mit dem Knüppel(Höhenruder)"
Die Stabilitaet um die Querachse, um die es hier geht, ist prinzipiell so geloest, dass das Hoehenleitwerk Abtrieb erzeugt. Wenn man das weiss und mal bisschen durchdenkt, wird einem alles sofort klar: Flieger fliegt sauber geradeaus. Mehr Gas bewirkt zunaechst eine Geschwindigkeitszunahme, diese erzeugt am Hoehenleitwerk mehr Abtrieb und damit nimmt der Flieger die Nase hoch und die Geschwindigkeit geht wieder soweit zurueck, bis alles wieder ausbalanciert ist. Am Ende dieses Regelkreises, wenn sich alles schoen eingeschwungen hat, hat man einen Flieger, der wieder genauso schnell ist wie vor dem Gas reinschieben aber eben mit einer gewissen Steigrate steigt.
Dasselbe am Hoehenruder: Flieger fliegt sauber geradeaus. Trimmt man jetzt ein gutes Stueck "Nase hoch" (missverstaendlich formuliert, ich weiss), dann nimmt der Flieger zunaechst zwar wirklich die Nase hoch, aber die Fahrt geht dadurch auch zurueck, was hinten weniger Abtrieb erzeugt usw usw usw... Am Ende dieses Regelkreises, wenn sich alles schoen eingeschwungen hat, hat man einen Flieger, der langsamer fliegt als vor der Trimmeingabe. Steigrate jetzt noch mit Gas anpassen und fertig.
Sinngemaess dasselbe mit allen anderen Steuereingaben (Gas raus, Hoehenruder druecken...).
Ich hoffe, der Blitz der Erkenntnis hat nun bei Dir eingeschlagen :)
In der Praxis macht man meisst wie von Dir schon beschrieben beides, will man z.B. steigen gibt man Gas und trimmt evtl. etwas Nase hoch bzw. zieht am Knueppel.
Chris
Gnabbla schrieb:Moin,Gas erhöht oder veringert die Geschwindigkeit und somit natürlich auch die Anströmgeschwindigkeit. Die dadurch entstehende Auftriebskraft ist aber ein Sekundäreffekt.
Mit dem Höhenruder verändere ich den Anstellwinkel. Der Auftrieb verändert sicht. Der Geschwindigkeitsgewinn oder -verlust resultiert durch den Zu- oder Abnehmenden Widerstand + Erdanziehungskraft => Auch ein Sekundäreffekt.
Wenn ich also in einen 30° Steigflug gehen möchte, dann leite ich diesen mit dem Höhenruder ein. Gas gebe ich dazu um eine definierte Steiggeschwindigkeit zu halten. Wenn ich aber den Satz meines Fluglehrers befolge, würde das ganze so aussehen:
Ich erhöhe das Gas mit dem Ziel zu steigen und ziehe gleichzeitig am Höhenruder um z.B. auf die definierte Steiggeschwindigkeit zu kommen. Idealerweise muss ich noch ein wenig mit dem Gas spielen bis ich den Steigwinkel erflogen habe.
es gibt da auch einen anderen Ansatz: Mit dem Höhenruder regelst du die Geschwindigkeit und mit dem Gas die Flughöhe.
Konkret: Wenn der Vogel zu langsam wird, Nase runter, wird er zu schnell, Nase hoch. Willst du jetzt steigen, schiebst das Gas rein, wirst dadurch natürlich schneller, und ziehst die Nase nach oben, um deine Fluggeschwindigkeit zu halten. Beim Sinkflug entsprechend umgekehrt. Gas rausnehmen, der Vogel wird langsamer, und sofort den Knüppel nach vorne, um die Fahrt zu halten!
Hintergrund: Fliegst mal 100ft zu hoch oder zu tief, ist das erstmal nicht so schlimm, aber zu langsam kann echt übel enden. Etwas zu schnell ist nicht so problematisch.
Ansonsten kann ich Dir das hier mal empfehlen: http://www.flyperfect.de/?page_id=732
Ist weniger theoretisch, trifft es aber ganz gut.
Zitat cbk:
"Moin,
es gibt da auch einen anderen Ansatz: Mit dem Höhenruder regelst du die Geschwindigkeit und mit dem Gas die Flughöhe."
Armer gnabbla!
lies dies. mach das, oder er bekommt (s. Zitat) genau die Methode als Alternative vorgeschlagen, die er in seinem Beitrag oben in Frage stellt.
Also:
Im Luftverkehr geht man davon aus, daß Reiseflughöhen präzise eingehalten werden. Das macht nicht immer Spaß, aber wird selbstverständlich mit dem Höhenruder geregelt. (Denk′ mal an den Autopiloten, steuert der etwa das Gas?) Die Fahrt degegen wird mit mit den Gas gewählt.
!! Diesen Grundsatz muß man aber unbedingt durchbrechen, wenn man sich in einer schwieregen, weil Stall-nahen Lage, also im Langsamflug, wiederfindet. Dann ist Soforthilfe gefragt und es hilft nur: Knüppel nach vorn!!
"Im Luftverkehr geht man davon aus, daß Reiseflughöhen präzise eingehalten werden. Das macht nicht immer Spaß, aber wird selbstverständlich mit dem Höhenruder geregelt. (Denk′ mal an den Autopiloten, steuert der etwa das Gas?)."
Das sehe ich genau umgekehrt. :)
Aber wie schon gesagt, eine pauschale Sichtweise gibt es nicht. Was den Autopiloten betrifft: Ja der geht auf das Hoehenruder, auf das Gas waere auch doof bei Fliegern mit manuellem Gemisch. Und die allermeissten Flugzeuge haben diesen Mixer. Dass diese Auslegung auch boes ins Auge gehen kann sieht man bei den ganzen Unfaellen, wo der Autopilot die Fahrt weggezogen hat. Genau deshalb geht mein AP nur auf die Querruder. Eine Hoehenhaltung wuerde ich nur akzeptieren, wenn der AP dafuer auf das Gas wirkt.
Chris
ich glaube es ist unstrittig, dass Höhenruder und Gas bei der Geschwindigkeit und der Höhenhaltung immer Hand in Hand gehen.
Wenn es allerdings darum geht, mit welcher Steuerung primär die Höhe gehalten bzw. Steigen / Sinken kontrolliert werden, kann die Antwort nur "Höhenruder" lauten und dementsprechend für die Geschwindigkeit "Power".
Oft wird eine Erklärung am deutlichsten, wenn man sich eine Situation vorstellt, bei der man die Lage des Flugzeugs im ganz normalen Betrieb etwas stärker verändert, z.B. im Landeanflug: kurz vor dem Aufsetzen wird die Sinkrate üblicherweise nicht durch "Gas geben" sondern durch "ziehen am HR" reduziert - also wird die Sinkrate durch das HR und nicht durch die Motorleistung kontrolliert - zunächst mal ohne schnelle Änderung der Geschwindigkeit.
Unbestritten funktioniert das Halten von Sinkraten mit der Power (und Fahrt mit dem HR) z.B. im Landeanflug prima mit Propellerflugzeugen wenn die Konfiguration nicht mehr geändert wird. Bei einem Jet wäre es damit schon vorbei. Der wird erst nur die Geschwindigkeit ändern und als Folge davon dann durch den geänderten Auftrieb Steigen oder Sinken. Bei einem Instrumentenanflugflug, auf dem man z.B. ständig einen 3° Gleitweg einhalten muss, Anfangs mit wenig Klappen noch schnell fliegt und zur Landung immer langsamer wird, funktioniert nur: HR kontrolliert die Sinkrate, Power kontrolliert die Fahrt. So steht es übrigens auch bei Boeing und Airbus in den Handbüchern und so ist auch z.B. das Fly by Wire von Airbus konstruiert - die Autopiloten dementsprechend auch ....
Jets sind eine andere Welt, da ist es wie Du beschrieben hast.
Auf Eigenstabilitaet ausgelegte GA-Flugzeuge reagieren anders, so wie ich weiter oben beschrieben habe.
Man setze sich in eine z.B. C172 und schiebe im gemuetlichen ausgetrimmten Reiseflug von 80kt das Gas rein. Was passiert? Nase geht hoch und nach kurzer Zeit stellt sich ein stabiler Steigflug mit Z.B. 300ft/min ein, die Fahrt betraegt immernoch 80kt!
Dasselbe, wenn man das Gas rauszieht, Nase geht runter, die Fahrt bleibt unveraendert!
Chris
Beispiel Landeanflug: du sinkst mit konstanter Rate Richtung Schwelle. Jetzt stellst du fest dass du zu stark sinkst und vor der Schwelle aufsetzen wirst. Also musst du Gas Geben um die Sinkrate zu erhöhen. Ein Ziehen am Höhenruder würde bewirken dass deine Fahrt stark abnimmt , möglicherweise bis zum Stall. Trotzdem wirst du zu kurz kommen.
Andersrum: Du stells fest dass du zu weit kommen wirst. Jetzt wird Gas weggenommen.Die Sinkrate erhöht sich. Mit dem Höhenruder stellst du nur den Anstellwinkel ein bis die Fahrt nach Handbuch stimmt, meinetwegen 110 kmh.
Würdest du die Maschine mit dem Höhenruder auf ldie Bahn runterdrücken steigt die Fahrt rasant an. Die Maschine wird nicht landen sondern vom Boden wegspringen.
Jedes Flugmanöver wird mit koordinierten Einsatz von Gas und den 3 Rudern geflogen. Probiers mal im Landeanflug aus wie ichs beschrieben hab und dir wird klar wie es geht.Sinkrate mit Gas einstellen und die Fahrt dazu mit dem Höhenruder nachregeln.
Autopiloten, Jets und ähnliches lassen wir jetzt einfach mal weg, hat mit einem UL -Anflug soviel zu tun wie ein Opel Astra mit der Formel 1.
Allzeit gute Landungen wünscht
Peter