Thomas Borchert schrieb:Ich sehe das genauso. Vor kurzem flog ich mit einem Schüler zu einem Flugplatz, der sich zentral im oberen Drittel der ICAO-Karte Hannover befindet. Dort war Sprungbetrieb, der Modellflugplatz (der sich übrigens in direkter Nähe zum Platz befindet) war aktiv und wir waren mit insgesamt fünf Lfz, davon zwei Gyros, in der Platzrunde. Allein der Umstand zu fünft in der Platzrunde zu fliegen, macht kurze und exakte Positionsangaben sehr wichtig. Dazu kamen halt noch die Gyros, die mal schnell, mal langsam, mal hoch, mal niedrig unterwegs sind.
So war das aber nicht gemeint mit dem Reden müssen. Da stand auch was von kurz und knapp, damit die Frequenz für andere frei bleibt, die auch reden müssen. Und da zählt jede Sekunde. Das mit dem Abflugbereit ist eine weitere Schleife, die IMHO keine Info enthält, die "Rolle auf..." nicht auch enthält. Und wenn der FL antwortet, blockiert das IMHO sinnfreie Gerede die Frequenz noch länger. "Lieber einmal zu viel" halte ich nicht für richtig.
Das Problem war der Flugleiter. Nicht in seiner Person, sondern vielmehr in seiner Funktion. Ich bin mir sicher, dass sich mindestens vier Lfz ganz gerne mit kurzen Positionsmeldungen abgestimmt hätten. Ein Lfz musste sich mit dem Flugleiter jedoch über folgendes wichtiges Thema unterhalten. Die Namen sind frei erfunden und es handelt sich um ein Gedankenprotokoll:
Pilot: D-XXXX im Endanflug Piste XY... ähm, Du Hans, ich würde jetzt landen und dann die D-XXXX wieder in den Hangar stellen. Danach möchte ich gern die D-YYYY rausholen. Kannst Du mal prüfen, ob die frei ist?
Flugleiter: D-XXXX, ja, die ist frei. Hast Du das denn mit Hermann abgestimmt? Wenn nicht, der sitzt glaube ich im Café. Schau doch mal vorbei.
Pilot (mittlerweile gelandet): Hermann müsste Bescheid wissen. Ich weiß nur nicht, wer den Schlüssel hat. Liegt der bei Dir auf dem Turm oder ist noch jemand mit der D-YYYY unterwegs?
Flugleiter: Hier liegt der Schlüssel nicht. Aber vielleicht hat Hermann den ja. Heute morgen war noch jemand mit der D-YYYY unterwegs.
Pilot: Ich habe Hermann gerade gewunken. Der kommt jetzt zur Halle. Ich hoffe mal, dass er den Schlüssel hat. Weißt Du denn wie lange die D-YYYY heute Morgen unterwegs war? Vielleicht muss ich dann ja noch tanken.
Flugleiter: Moment, die war... ähm... Eineinhalb Stunden unterwegs. Ach quatsch, was rede ich denn da. Das war die D-ZZZZ. Die D-YYYY war nur eine halbe Stunde in der Luft.
Pilot: OK, danke, ich schaue mir das einfach mal an. Mache mein Funkgerät jetzt aus. Danke!
Zwischendurch hörte man im Funk immer mal wieder eine Überschneidung, bei welcher andere Lfz in der Platzrunde vergeblich versucht haben ihre Position zu melden. Aber es gibt anscheinend Wichtigeres. Aus diesem Grund stellen Flugleiter für mich ehrlich gesagt keinen Sicherheitsgewinn, sondern eher einen Sicherheitsverlust dar. Ich weiß nicht, wie oft ich schon sinnlose Gespräche über Kaffee und Kuchen, die letzte Party, die aktuellen News aus Vereinen und sonstwas mitbekommen habe. Funkdisziplin ist jedoch ein Fremdwort. Und das ist - tut mir echt leid - in 90% der Fälle der Funktion Flugleiter geschuldet.
Funkdisziplin kann man auch aus der Luft einfordern. Dafür gibt es sogar eine Sprechgruppe.
Bei all den unterschiedlichen Auffassungen sollte nicht ganz vergessen werden, dass Funk nichts Neues ist und das was wir heute machen, bereits 70 Jahre Erfahrung in den Verfahren auf dem Buckel hat. Man kann es diskutieren und gerne erweitern wie man will, das Thema ist aber bereits deshalb innovationsresistent, weil es auch nach 70 Jahren kaum etwas besseres gibt, um über einen offenen Kanal beliebig viele Teilnehmer zu erreichen, Insofern kann man die "Könnte man nicht ..." und "Ich mach das immer so, damit ..." - nein. Piloten im unkontrollierten Bereich funken für Piloten.
Eine Demonstration, wie es jüngst wirklich ultimativ falsch gelaufen ist, findet sich hier: http://www.bfu-web.de/DE/Publikationen/Untersuchungsberichte/2013/Bericht_13_3X035_F172P-DV20_Kempten-Durach_MAC.pdf?__blob=publicationFile
Seite 14.
Eine Maschine in der Platzrunde und meldet ... "turning base 25". Eine zweite Maschine, der spätere Kollisionspartner, ist in der Nähe, nimmt aber die Information nicht wahr, weil sie nach seiner Auffassung nicht für ihn bestimmt war.
"Der Luftfahrzeugführer der Katana sagte aus, dass er und seinern Begleiterin zwar Funkverkehr gehört hätten, aber da er nicht ihr Flugzeugrn betraf, diesen nicht wahrgenommen hätten. Die Auswertung der Cockpitgespräche in der Katanarn zeigte, dass beide Insassen mindestens noch ein weiteres Luftfahrzeug südlich desrn Flugplatzes in der Luft gesehen hatten."
Bevor jemand die Lücke exploriert: Der Beiflieger der Katana hat mitgefilmt und das Video konnte ausgewertet werden. Der Bericht hat noch eine Reihe von bemerkenswerten Details. Der Kern aber ist:
Das ist das Kernproblem und das wurde von Thomas sauber herausgearbeitet. Das visuelle Manko der Situation wurde dadurch dramatisch, weil jemand die zur Verfügung stehende Information nicht wahrgenommen hat. Dieses Verhalten klassifiziert Funkverkehr als akustisches Grundrauschen und reagiert nur auf Trigger-Mots - sein eigenes Kennzeichen. Weil - und das dürfte ein unbestreitbares Kernproblem sein - ein Teil der Pilotenschaft Funk als Dienstbarkeit für einen Türmer empfindet, was interessieren mich andere Piloten.
Ich weiß nicht, wie oft ich schon sinnlose Gespräche über Kaffee und Kuchen, die letzte Party, die aktuellen News aus Vereinen und sonstwas mitbekommen habe. Funkdisziplin ist jedoch ein Fremdwort.Naja,
cbk schrieb:Da kann man zu 1 und 2 nur dasselbe sagen:- Hab beim Gleitschirmstart an der Winde (auf der Graspiste parallel zur Betonpiste) beim Aufziehen einen Verhänger produziert.
- Die andere Situation war ein Seilriß meines Kollegen beim Start. Wir hatten wieder auf der Graspiste geschleppt und in ca. 300m Höhe hat es dann peng gemacht. Er hat das Restseil ausgeklinkt mit dem Erfolg, daß der Seilrest am Seilfallschirm hängend vom Seitenwind quer über die Betonpiste getragen wurde, während gerade ein anderer Vogel vom Quer- in den Endanflug eindrehte. Ich denke mal, daß der landende Pilot sich gefreut hat, daß ihn jemand über das Stahlseil informiert hat,
1. Sicherlich ist gleichzeitiger Betrieb auf beiden Pisten nicht erlaubt. Ihr werdet also vor dem Schleppstart drauf geachtet haben, dass auf der Betonpiste nix akutes ist. Sollte es das Verbot nicht geben, werdet Ihr das aus gesundem Menschenverstand tun.
2. Sind die anderen Piloten blind, dass sie ein Stahlseil auf der Bahn oder gar einen ganzen Gleitschirm übersehen?
Thomas Borchert schrieb:Ich stimme Thomas beim Punkt 1 zu ; bei dem Stahlseil würde ich mal sagen, dass man das nicht so leicht sieht ( < 2 mm Durchmesser) und nur "lokalisieren" kann, wenn ein Gleitschirm dran hängt.cbk schrieb:Da kann man zu 1 und 2 nur dasselbe sagen:- Hab beim Gleitschirmstart an der Winde (auf der Graspiste parallel zur Betonpiste) beim Aufziehen einen Verhänger produziert.
- Die andere Situation war ein Seilriß meines Kollegen beim Start. Wir hatten wieder auf der Graspiste geschleppt und in ca. 300m Höhe hat es dann peng gemacht. Er hat das Restseil ausgeklinkt mit dem Erfolg, daß der Seilrest am Seilfallschirm hängend vom Seitenwind quer über die Betonpiste getragen wurde, während gerade ein anderer Vogel vom Quer- in den Endanflug eindrehte. Ich denke mal, daß der landende Pilot sich gefreut hat, daß ihn jemand über das Stahlseil informiert hat,
1. Sicherlich ist gleichzeitiger Betrieb auf beiden Pisten nicht erlaubt. Ihr werdet also vor dem Schleppstart drauf geachtet haben, dass auf der Betonpiste nix akutes ist. Sollte es das Verbot nicht geben, werdet Ihr das aus gesundem Menschenverstand tun.
2. Sind die anderen Piloten blind, dass sie ein Stahlseil auf der Bahn oder gar einen ganzen Gleitschirm übersehen?
Hier noch ein Ausschnitt aus unserer Flugplatzzulassung:
Während des Windenstartbetriebes ist der Flugbetrieb aufden sonstigen Stad- und Landebahnen, auf
dem Startplalz für l/otorschirme und den Behiebsflächen frir Freiballone nicht gesiatlet. Die Nulzer des
Landeplatzes sind über die betrebliche Regelung zu informieren lRegelung des Flugplalzverkehrs nach §
rnrnrn
21a Luftverkehrs - Ordnung (LuflVO)1
mbr schrieb:Solange es noch in der Luft ist, hängt am Ende der schwer zu übersehende Seilschirm. Wenn′s am Boden liegt, rollt man halt drüber. Haben Gleitschirme Funk? Dann ist das Problem ohnehin keins.
bei dem Stahlseil würde ich mal sagen, dass man das nicht so leicht sieht ( < 2 mm Durchmesser) und nur "lokalisieren" kann, wenn ein Gleitschirm dran hängt.
Thomas Borchert schrieb:Bei uns am Platz ist es nach meinem Wissen so, dass die Drachen- und Gleitschirmpiloten, wenn sie in der Ausbildung sind, keine Funke haben. Ich habe in unserer Zulassung auch nicht gefunden, dass der Windenfahrer und/oder der Startleiter ein Funkgerät haben müssen; es wird aber so gehandhabt. Und somit kann der Windenfahrer den anfliegenden Piloten entsprechende Infos geben.
Solange es noch in der Luft ist, hängt am Ende der schwer zu übersehende Seilschirm. Wenn′s am Boden liegt, rollt man halt drüber. Haben Gleitschirme Funk? Dann ist das Problem ohnehin keins.
Bernhard
Was mir noch eingefallen ist: Das Seil beim Drachen- bzw. Gleitschirmschlepp ist nicht wie das beim Segelflugschlepp so schwer, dass es flach auf der Bahn aufliegt. Wenn es nicht gut entrallt ist, können schon mal Schlaufen entstehen, die dann vom Motorflieger mitgenommen werden.
Es ist und bleibt für mich furchterregend wie hier immer wieder völlige Selbstverständlichkeiten irgendwie geregelt werden müssen und wie wenig die Piloten offensichtlich ihren Luftraum (und die Bodensituationen beim Landen) wahrnehmen. Weiter oben wurde mal irgendwie sowas gesagt wie, da müsste ich ja dann durchstarten und irgendwie mich dann in die Platzrunde wieder einfädeln... Für mich ist es absolut kein Problem im Landeanflug, egal an welcher Stelle, ein Hindernis auf der Piste wahrzunehmen und das Gas eben wieder reinzuschieben. Ein kurzer Funkspruch und ab geht′s in die nächste Runde. Ob das jetzt mein Kumpel mit dem Rasenmäher ist der mich nicht gesehen hat weil er mal wieder den französischen Heino zu laut im Ohrhörer hat oder ein Motorschirm seinen Start verpatzt hat und der arme Kerl beineschlagend auf seinem Propeller und etwas ungünstig auf der Piste herumliegt oder einer der Kids mal wieder mit dem Boomerang herumspielt....Eih das sieht man doch alles wunderbar. Oder guckt Ihr bis zum Aufsetzen Euer Mäusekino an? Ich weiss nicht, ehrlich! Das klingt alles so dermassen fremd für mich....
Gruss Stephan
Hallo,
> Das ist, wie gesagt, auch furchterregend -
> und fremd für jeden, der schon mal außerhalb Deutschlands geflogen ist.rn
Volle Zustimmung!
Es muss eigentlich jedem dringend geraten werden, mal seinen
Teller fliegerisch über den Rand der bundesdeutschen Grenzen
hinweg zu verlassen!!
In _keinem_ Land, in dem ich bis jetzt an unkontrollierten Plätzen
gelandet bin, wurde funktechnisch so ein Blödsinn verbreitet, wie
es hier in D leider sehr oft der Fall ist.
Und einen "Flugleiter" hat dort auch noch nie jemand vermisst!
Im Gegenteil - wenn man sich dort mal mit einigen Fliegern unterhält
und diese Thematik der deutschen "Flugleiterpflich an unkontrollierten
Plätzen" zu Wort bringt, dann erntet man durch die Bank weg
verständnissloses Kopfschütteln (zu Recht!)
Dabei herscht dort mitunter ein Traffic in der Platzrunde, den sich
hier so mancher Regionalflughafen wünschen würde ;-))
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