TBO - wie geht ihr damit um ?

Forum - Technik & Flugzeuge
  • Steffen_E schrieb:
    Prinzipiell verstanden, aber Du musst unterscheiden zwischen einer TBO und einer Lebensdauer.
    ... ich denke, die Definition (TBO, zeitliche Begrenzung der Benutzung, Lebensdauer, Wartungsintervall) ist relativ egal.
    Wenn der Hersteller irgendeines Bauteiles am Flieger vorschreibt, wann es gewartet, erneuert oder überholt werden muss, so tut er das in der Regel nicht, um ordentlich Kohle zu verdienen, sondern weil die Erfahrung gezeigt hat, das es danach zu möglicherweise mehr Ausfällen kommen kann oder er traut seinem Teil halt nicht länger über den Weg. Und Ihr wisst am Besten, was es für Folgen beim Fliegen haben kann, wenn was ausfällt, bricht oder abreisst.

    Ich vergleiche das mal mit Kraftfahrzeugen und den Hauptuntersuchungen: keine gültige HU - keine Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr. So einfach geht das, obwohl man das KFZ einfach am Fahrbahnrand abstellen kann.

    Was die allgemeine Wartung als solche angeht, so denke ich, dass die Notwendigkeit eines gewissen technischen Verständnisses und ein gewisses Maß an Schulung und Erfahrung, ausreichen sollte, z.B. am Motor eine 200h Kontrolle durchzuführen. Ich sehe das nicht so eng, wie es möglicherweise manchmal bei meinen Kommentaren rüberkommt. Ich denke dabei nur an Eure Sicherheit ;-)
    .... ihr wisst ja. ich fliege nur vom Pferd - und das kann auch in der Kiste enden...




    Viele Grüße
    vom Bodenpersonal im Ruhestand
    Ralf

  • Chris_EDNC schrieb:
    Auf dem „Lehrgang“ lernt man im Prinzip nur, dass man von dem Kram besser die Finger lässt.
    Nicht nur, aber ein großer Teil führt sehr schnell dazu ... bei denen die denken und das ist gut(!) so ;-).
  • Ralle schrieb:
    ... ich denke, die Definition (TBO, zeitliche Begrenzung der Benutzung, Lebensdauer, Wartungsintervall) ist relativ egal.

    Nein, da sehe ich einen größeren Unterschied.

    Die TBO ist mehr oder weniger das Mindesthaltbarkeitsdatum und kann (begründet) überschritten werden.
    Bestes Beispiel ist die Zeitdauer des Motors. Was soll daran in 12/15 Jahren kaputt gehen, was nicht durch Kontrolle und Ersatz ersetzbar ist. Gummis, Dichtungen sind da vor. Aber warum bitte sollte der Motorkern, die Kugellager, die Welle nach 15 Jahren unsicher sein, wenn der Motor nicht feucht gelagert wurde?

    Eine echte Lebensdauer dagegen ist ein Bauteil, dass nach gewissen Belastungsmengen nicht mehr gegen Zerrüttung sicher angesehen werden kann. Das gilt eigentlich für Faserverbundbauteil und teilweise auch für Stahlstrukturen. Im Prinzip für alles, was in der Festigkeit nah an seinen Wöhlergrenzen ausgenutzt wird.

    Und da sich meist andere schon sehr Gedanken gemacht haben, was man als echte einschränkende Lebensdauer ansieht und was als überschreitbare TBO, nehme ich da als Hilfestellung gerne die Umgangsform aus CS22 und 23 an.

    Und da der Motor - auf den Du ja wahrscheinlich am meisten rauswillst - in ULs eh unzertifiziert ist und sowieso permanent als Ausfallwahrscheinlich angesehen werden soll, ist der für mich noch klarer on condition unterwegs als schon in 22/23

    Was die allgemeine Wartung als solche angeht, so denke ich, dass die Notwendigkeit eines gewissen technischen Verständnisses und ein gewisses Maß an Schulung und Erfahrung, ausreichen sollte, z.B. am Motor eine 200h Kontrolle durchzuführen.

    Ja klar, die Frage ist, wie ich das einstufe.
    Als Ingenieur im Flugzeugbau, Werkstartleiter Segelflug gemischt und Faserverbund und technisch affiner Mensch halte ich eine 200h Kontrolle locker in meinem Kompetenzbereich.
    Aber auch da muss ich mich permanent fragen, wie weit ich da gehe, habe aber den Vorteil, das wir lizensierte Motorwarte im Verein haben, auf die ich zurückgreifen kann.

    Feine Grüße,
    Steffen

  • Steffen_E schrieb:

    Ralle schrieb:
    ... ich denke, die Definition (TBO, zeitliche Begrenzung der Benutzung, Lebensdauer, Wartungsintervall) ist relativ egal.

    Nein, da sehe ich einen größeren Unterschied.

    Die TBO ist mehr oder weniger das Mindesthaltbarkeitsdatum und kann (begründet) überschritten werden.
    Bestes Beispiel ist die Zeitdauer des Motors. Was soll daran in 12/15 Jahren kaputt gehen, was nicht durch Kontrolle und Ersatz ersetzbar ist. Gummis, Dichtungen sind da vor. Aber warum bitte sollte der Motorkern, die Kugellager, die Welle nach 15 Jahren unsicher sein, wenn der Motor nicht feucht gelagert wurde?

    Moin Steffen,

    das mit TBO = Mindeshaltbarkeitsdatum ist eine verwegene Aussage. Gerade die Bauteile, die Du als Motorkern ansprichst, altern in Abhängigkeit der Laufzeit. Die meisten dieser Teile werden auf eine Betriebslebensdauer ausgelegt, Lastwechsel sind Grundlage jeder soliden Auslegung. Eine Ausfallwahrscheinlichkeit abhängig von der Belastung gibt es für jedes Wälzlager. Selbstverständlich gibt es das auch z.B. für Ventile, Kurbelwellen usw.

    Bereits die allgemeine menschliche Lebenserfahrung sagt , dass mit zunehmender Betriebsdauer die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Bauteiles höher wird. Und die Ausfälle nehmen zu einer bestimmten Laufzeit deutlich zu.

    Für mich wäre interessant zu erfahren, welche Erlebenswahrscheinlichkeit für den Rotax-Motor bei einer TBO von 2000 h angesetzt sind.

    Gruß Lothar

  • loddel schrieb:
    Und die Ausfälle nehmen zu einer bestimmten Laufzeit deutlich zu.
    Das ist insofern für unsere Betrachtung hier (TBO im Zusammenhang mit Versicherungsschutz) irrelevant, weil der ULS per Definition generell und jederzeit ausfallen kann und „darf“. Dem kann und wird Rechnung getragen durch die RG-Pflicht und durch Wahl des Flugweges. Dem kann man nicht Rechnung tragen durch irgendwelche TBO‘s, denn auch damit bleibt es ein jederzeit ausfallbarer ULS.

    Beispiel: Ich fliege mit Passagier relativ tief über eine Stadtgebiet (Ruhrpott). Motor fällt aus, Flieger crasht in die Häuser, Passagier verletzt.
    Bei der nun folgenden Haftungsfrage wird nicht TBO eingehalten ja/nein im Fokus stehen, sondern der Flugweg, welcher über im Gleitbereich unlandbares Terrain führte. Der Pilot braucht garnicht anfangen damit zu argumentieren, dass er doch die TBO brav eingehalten hat, das ist komplett irrelevant...


    Chris
  • loddel schrieb:
    Gerade die Bauteile, die Du als Motorkern ansprichst, altern in Abhängigkeit der Laufzeit.
    Ist mir klar, aber was altert da, was Du nicht prüfen kannst? 

    Buchsen: messbar

    Dichtigkeit: messbar

    Kugellager: inspizierbar

    Und vor allem, was haben die 15 Jahre damit zu tun?

    Eine Motorlaufzeit von 2000h entspricht einem Auto mit 100.000 km, was vor 30 Jahren noch als Lebensende betrachtet wurde.

    Würdest Du ein Auto HEUTZUTAGE mit 100.000km wegwerfen, oder würdest Du das allgemein in der Wartung halten, Inspektionen machen und weiterfahren?

    und die 2000h, die wir heute kennen kommen aus einer sehr, sehr, sehr konservativen Sichtweise.

    ich kenne einfach zuviele Leute, die ihre Flugmotore deutlich über 2000h betrieben haben, als dass ich meinen dann wegwerfen würde.

  • loddel schrieb:
    Für mich wäre interessant zu erfahren, welche Erlebenswahrscheinlichkeit für den Rotax-Motor bei einer TBO von 2000 h angesetzt sind.
    Ich glaube, dass das nicht nur für Dich interessant wäre...

    Ich würde mal blind behaupten, dass bei empfohlener Handhabung und ordentlicher Wartung (damit meine ich lediglich regelmäßige Öl- und Kerzenwechsel), ausreichendem Zulauf der Betriebsstoffe (durch ordentliche Schläuche und funktionierende Pumpen etc.), gut eingestellte und synchronisierte Vergaser, sowie "freien" Luftfiltern eine Erlebenswahrscheinlichkeit von größer 95% beim UL (ggf. etwas weniger beim ULS) realistisch sein dürften.

    Da ich in meiner Aussage aber schon einige Faktoren genannt habe und diese zumeist (und viel zu oft) subjektiv beurteilt werden (insbesondere hinsichtlich der Handhabung), könnte ich vermutlich auch fast jeden anderen Wert in meine Behauptung schreiben. Ich persönlich denke aber, dass der Wert passen könnte. Rein vom Gefühl her aus meinen noch recht geringen 12,5 Jahren "Erfahrung" in der Fliegerei.

  • Steffen_E schrieb:

    Eine Motorlaufzeit von 2000h entspricht einem Auto mit 100.000 km, was vor 30 Jahren noch als Lebensende betrachtet wurde.

    Würdest Du ein Auto HEUTZUTAGE mit 100.000km wegwerfen, oder würdest Du das allgemein in der Wartung halten, Inspektionen machen und weiterfahren?

    und die 2000h, die wir heute kennen kommen aus einer sehr, sehr, sehr konservativen Sichtweise.

    Aus meiner Erfahrung aus dem Motorsport muss ich da widersprechen. Ja, ein normales Strassenauto fährt im Schnitt Temp 50 und 100.000km sind ungefähr die berühmten 2000h. Aber, das Strassenauto fährt bei 20-30 Prozent Leistung und wir fliegen bei 65-75 Prozent.

    Wenn ich ein 80-100PS Auto mit 11-15 Liter pro Stunde durchschnittlichem Verbrauch bewege, dann würde ich mal schätzen ist nach spätestens 30.000km der Motor Grütze, vielleicht schafft man auch 40, aber 50 glaube ich nicht mehr.

    Aus den Belastungswerten aus dem Motorsport wird ein zu den 2000h Flug vergleichbarer Automotor eher im Bereich 300-400.000km auf der Strasse sein - und das schaffen von den Leichtmetallmotoren auch nicht mehr so viele.

    Die Physik der Verbrennungsmotoren hatten die vor 70 Jahren schon richtig geil im Griff in der Luftfahrt, vielleicht sogar besser als die heutige Computersimulationsgeneration.

  • EchoRalf schrieb:
    Aus meiner Erfahrung aus dem Motorsport muss ich da widersprechen. Ja, ein normales Strassenauto fährt im Schnitt Temp 50 und 100.000km sind ungefähr die berühmten 2000h. Aber, das Strassenauto fährt bei 20-30 Prozent Leistung und wir fliegen bei 65-75 Prozent.
    Ob die wechselnden Belastungen oder die konstante aber dafür höhere Last besser sind, sei dahin gestellt.

    Gerade Rennsport ist eine andere Baustelle, weil extrem hohe Drehzahlen und permanente große Lastwechsel.

    Fakt ist aber, dass ein Motor früher nicht so lange gehalten hat wie ein heutiger und die 2000h eher ein traditioneller Wert sind.

    Und das ist durchaus meine Erfahrung aus der Flugzeugentwicklung ;-)

    Wenn ich ein 80-100PS Auto mit 11-15 Liter pro Stunde durchschnittlichem Verbrauch bewege, dann würde ich mal schätzen ist nach spätestens 30.000km der Motor Grütze, vielleicht schafft man auch 40, aber 50 glaube ich nicht mehr.
    von den Prüfständen höre ich anderes...
    Das wären ja nur 200-300h mit 150 auf der Autobahn, das würden die Kunden nicht verzeihen...

    Alles wie gesagt unter korrekten Bedingungen, Temperaturen eingehalten, Drehzahlen eingehalten, Wartung eingehalten.
  • EchoRalf schrieb:
    Die Physik der Verbrennungsmotoren hatten die vor 70 Jahren schon richtig geil im Griff in der Luftfahrt, vielleicht sogar besser als die heutige Computersimulationsgeneration.
    Das hatten sie auf jeden Fall. Der Wright J-5 Whirlwind, mit dem 1929 Charles Lindbergh über den Atlantik geflogen ist, hatte einen spezifischen Verbrauch von 277g/kWh, der Rotax 912ul/uls verfeuert 285g/kWh und für den neuen 915 Einspitz-Turbo werden 280-310g/kWh angegeben. Da hatten sie vor 90 Jahren im Motorenbau also schon mehr drauf als heute.

    Die c172 hält seit 1958 den Rekord im Dauerflug (mit Luftbetankung): 64 Tage, 22 Stunden, 19 Minuten und 5 Sekunden
    Das sind 1.558 Stunden mit einem Satz Zündkerzen.

    Und was die Lebenserwartung eines Motors angeht, ist es in meinen Augen immer eine Frage des: "Wie gut darf der Motor denn sein? Also wieviel Laufleistung konstruiert der Hersteller in das Triebwerk hinein?"

    Wenn wir schon die PKW-Vergleiche bemühen, verweise ich mal auf den Mercedes w123 200D. Dem wurde damals eine durchschnittliche Laufleistung von gut 700.000km bis zur ersten Panne attestiert. Bei der Durchschnittsgeschwindigkeit der Wanderdüne dürften das ca. 20.000 Stunden sein. Mein Opa hat damals als Handelsvertreter selber 1,3 mio. km auf so ein Auto gefahren. Wenn heute einer etwas von "Qualitätsoffensive" faselt, liegt da meine Meßlatte. Alles darunter ist keine Qualität sondern lediglich auf geplante Obsoleszens hin optimiert.

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