Ladedruck und Airboxdruck

Forum - Technik & Flugzeuge
  • Hallo zusammen,

    viele von euch wissen, dass ich kein Pilot bin, sondern Mechaniker. Ich habe eigentlich mein Leben lang Motorräder repariert und das professionell von 1980 bis 2008. Dann wurde ich mit Piloten konfrontiert und folglich auch mit dem Begriff des "Ladedrucks".
    Bis dahin war für mich klar, das der Begiff beim Turbomotor das Maß der Aufladung des Motors definiert.
    Leider habe ich nicht mit der für mich seltsamen Denkweise der Piloten gerechnet und so hat es recht lange gedauert, bis ich den Begriff Ladedruck in der Fliegerei verstanden habe und das Maß dafür auch logisch umsetzen konnte.
    Hilfreich war dabei auch die Bezeichnung MAP (manifold air pressure) also Saugrohrdruck.
    Weiters musste ich lernen, dass MAP in dem Zusammenhang immer bei null startet, also beim absoluten Vakuum. Alles über null ist folglich Ladedruck!

    Siehe dazu "Manifold Pressure Sucks" von John Deakin.

    Immer wieder stelle ich fest, dass selbst Piloten das nicht wissen oder mit anderen Drücken in falsche Relation setzen.

    Fangen wir mal beim Ladedruck an, wie er im Cockpit angezeigt wird.




    Abgenommen - oder gemessen - wird der Druck im Ansaugrohr, also zwischen Drosselklappe und Einlassventil - wo, spielt dabei kaum eine Rolle. Der maximale Ladedruck ist also beim reinen Saugmotor (912er) folglich der Umgebungsdruck, wenn die Drosselklappe voll geöffnet ist. Das ist bei 1000 mBar Umgebungsdruck ein Ladedruck von 29,53 inHg.

    Beim Turbomotor (914er) kommt dazu der durch den Turbolader erzeugte Ladedruck in der Airbox. Und da liegt bei den beiden Maßen der Hase im Pfeffer. Der Ladedruck des Turbo′s definiert den Druck in der Airbox. Und der hat nicht das geringste mit dem Ladedruck, wie ihn die Piloten verstehen zu tun, denn der wird vor der Drosselklappe, wie der Name schon sagt, in der Airbox gemessen.

    Wenn wir also bei Startleistung des 914er′s einen Airboxdruck von 1370 mBar haben, bedeutet das für den Motor einen auf dem Instrument im Cockpit angezeigten Ladedruck von 40,46 inHg.
    Dabei liefert der Turbolader einen Ladedruck von 370 mBar.

    Zu beachten ist beim 914er auch noch, dass der Motor mit Vergasern bestückt ist und wie man die Druckverhältnisse dort in den Griff bekommen hat, damit diese beim Aufladen des Motors durch den Turbolader funktionieren.
    Das geht ganz einfach: man hat die Schwimmerkammerbelüftung an den Airboxdruck angeschlossen. Damit haben wir ein geschlossenes System und in der Schwimmerkammer immer den Airboxdruck und folglich an den Mischrohren im Vergaser die richtige Druckdifferenz zum Venturi. Fatal ist hier eine Undichtigkeit - aber das ist ein anderes Thema.
    Damit das Schwimmernadelventil auch noch seinen Dienst tut, wird der Kraftstoffdruck immer auf 250 mBar über Airboxdruck durch den Kraftstoffdruckregler geregelt. Somit haben wir am Schwimmernadelventil immer eine Druckdifferenz von 0,25 bar und das ist ein guter Wert, damit das SNV gemütlich seinen Dienst leisten kann.

    An anderer Stelle wurde noch die mögliche Druckdifferenzbelastung der Schwimmer angesprochen. Die ergibt sich beim Saugmotor ausschließlich aus dem Druckabfall durch die Flughöhe (Umgebungsdruck) und beim Turbomotor aus dem Umgebungsdruck beim Start und dem Airboxdruck (Leistung) während des Fluges.

    ... so ...
    nun wälzt mal schön das Heavy Maintenance Manual um die Druckdifferenzbelastung der Schwimmer beim 914er zu definieren.

    Viele Grüße
    Ralf

  • Wenn wir also bei Startleistung des 914er′s einen Airboxdruck von 1370 mBar haben, bedeutet das für den Motor einen auf dem Instrument im Cockpit angezeigten Ladedruck von 40,46 inHg.
    Dabei liefert der Turbolader einen Ladedruck von 370 mBar.

    Gleichduckvergaser verbrauchen etwa 1,5 MAP. Und der Ladedruck beginnt beim Umgebungsdruck. Während die MAP erst nach dem Vergaser gemessen wird. 

    Wenn jemand auf FL012 ist, ist dann der Ladedruck im obigen Beispiel etwa doppelt so viel. Wenn der Vergaser nicht ganz offen ist, dann ist der Ladedruck noch viel mehr. 

  • Werner1966 schrieb:
    Gleichduckvergaser verbrauchen etwa 1,5 MAP.

    Und der Ladedruck beginnt beim Umgebungsdruck. Während die MAP erst nach dem Vergaser gemessen wird. 

    Hallo Werner,
    von konstruktiven Druckverlusten im Ansaugsystem war bisher nicht die Rede.
    Deshalb verstehe ich nicht, was Deine Anmerkung über Gleichdruckvergaser mit dem Ladedruck zu tun hat, zumal Deine Aussage ganz klar falsch ist, denn es kommt hauptsächlich auf das Verhältnis zwischen dem Vergaserquerschnitt und dem dem Vergaser zugeordneten  Hubraum an, wieviel MAP der Vergaser "verbraucht".

    Und dann erkläre doch bitte, welchen Ladedruck Du meinst: den in der Luftfahrt als Ladedruck bezeichneten Saugrohrdruck (MAP) oder den Ladedruck des Turboladers.

    Viele Grüße
    Ralf
  • Ralle schrieb:
    Begriff des "Ladedrucks".
    Lieber Ralle, vielen herzlichen Dank für die tolle Erklärung vom dicken Reifen Flieger.
    Finde es toll das Du, als reiner Straßentiefflieger, uns so kompetent mit Deinem Wissen weiterhilfst.
  • @Ralle

    Ich hab mir über den 914Turbo noch nie Gedanken gemacht wie der richtig funktioniert aber du hast es ganz gut erklärt. Danke!

    Jetzt ne ganz dumme Frage: Ich hab beim 912S noch nie den MAP Sensor gesucht wo ist der eigentlich? Ist das jenes Teil, dass beim Vergaserdruckausgleich als T-Stück weggeht?

  • Werner1966 schrieb:
    Wenn wir also bei Startleistung des 914er′s einen Airboxdruck von 1370 mBar haben, bedeutet das für den Motor einen auf dem Instrument im Cockpit angezeigten Ladedruck von 40,46 inHg.
    Dabei liefert der Turbolader einen Ladedruck von 370 mBar.
    Also nochmal gaanz langsam. Wir fliegen auf 12000 Fuss. Unsere MAP Anzeige zeigt, wie du schreibst 40,46 inHg MAP.

    Der absolute Ladedruch, gemessen zwischen Turbokompressor und Vergaser imuss dabei etwas mehr sein, etwa 42 MAP.

    Der Kompressor saugt die Aussenluft an, die nur 643 mBar = 19 inHg Druck hat.

    Also muss der Kompressor erst mal die Luft um satte 23 MAP = 0,78 Bar komprimieren. Das ist übrigends ein Verdichtungsfaktor von 2,2.  Es sollte nicht der falsche Eindruck entstehen das der Verdichtungsfaktor nur 1,3 sei !

    Der Aufladedruck ist ein Überdruck. In diesem Falle 0,78 Bar und in keinster Weise 370 mBar.

    Es kommt nicht darauf an ob jemand die Vergaserveluste vergessen hat, der grosse Fehler ist ganz woanders.

  • Ich glaube ihr redet vorzüglich aneinander vorbei, solange ihr nicht erstmal klar definiert, welcher Druck und welcher Druckanstieg wie heisst.

    Aber gleichzeitig sieht man gut, warum der "Ladedruck" der Flieger als MAP am besten betrachtet wird.

    Mich interessiert als Anwender nämlich herzlich wenig wieviel Druck von aussen kommt und wieviel der Lader draufgelegt hat und welche Verdichtungverhältnisse da vorlagen.

    MAP sagt mir die angelegte Leistung und gut ist.

    Als Techniker der an seinem Motor schraubt, sieht das natürlich anders aus ;-)

  • Geri1286 schrieb:
    Jetzt ne ganz dumme Frage: Ich hab beim 912S noch nie den MAP Sensor gesucht wo ist der eigentlich? Ist das jenes Teil, dass beim Vergaserdruckausgleich als T-Stück weggeht?
    .... aus dem Einbauhandbuch:


    LG Ralf

  • Steffen_E schrieb:
    Ich glaube ihr redet vorzüglich aneinander vorbei, solange ihr nicht erstmal klar definiert, welcher Druck und welcher Druckanstieg wie heisst.
    ... ich war der Meinung, das hätte ich getan aber für Werner wiederhol ich das gern, zumal er auf meine Frage, welchen Ladedruck er mein, nicht geantwortet hat:

    Ladedruck als Anzeige auf dem Instrument Im LFZ-Cockpit = Saugrohrdruck
    Ladedruck des Turboladers = boost in der Airbox gemessen

    LG Ralf

  • Man sollte sich schon entscheiden. Entweder Man spricht von 370 mB Überdruck, oder man spricht von einem absoluten Druck von zB 1370 mB. Nochmal für Ralle. Man kann es drehen wie man will, Fakt ist das auf 12000 Fuß, 370 mB Ladedruck oder auch Ladeüberdruck nie und nimmer 40,5 MAP produzieren können.  

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