Dangerzone: Erfahrungen mit technischem Versagen in der Luft

Forum - Technik & Flugzeuge
  • Moin,

    bei uns gabs kürzlich wieder einige technische Ausfälle am Gerät, die mich dazu veranlassen, hier mal eine kleine Erfahrungssammlung unserer HG aus den letzten vier Jahren zu präsentieren. Vielleicht mag es jemandem dienlich sein.
    • Schrecksekunde beim Start der Rans, als der Fahrmesser nur 40km/h im Steigflug anzeigt. Mit Nachdrücken und Vollgas geht′s bis auf 70km/h IAS. Die Bespannung rauscht, die Scheiben flattern. GPS meldet 150km/h über Grund. Ursache: Riss im über 10 Jahre alten Schlauch vom Pitotrohr zum Fahrmesser. Abhilfe: Austausch aller Schläuche.
    • Letzter Check am Rollhalt. Am Kabinenboden eine Pfütze. Benzin suppt munter aus einem T-Stück. Ursache: Undichtigkeit durch Verhärten des ca. 5 Jahre alten Schlauchs. Abhilfe: Austausch aller Schläuche, kleinen Feuerlöscher an Bord.
    • Queranflug auf die 27, Klappen setzen. Ein Ruck, der Griff liegt ohne Gegendruck in der Hand. Dann wird eben ohne Klappen gelandet. Ursache: unterdimensionierte Seilzugschelle löste sich vom Seil. Abhilfe: kräftigere Schelle aus dem Segelbedarf.
    • Motorstottern des Zweitakters im Steigflug. Horizontal wieder alles okay. Ursache: verstopfter Benzinfilter. Im Steigflug ist das Höhengefälle zwischen Flächentanks und Vergaser und damit der Spritdruck geringer. Abhilfe: neuer, geeigneterer Filter.
    • Die Pioneer rast im Reiseflug über den Himmel. Zur Landung Geschwindigkeit raus, elektrisch verstellbaren Prop auf Landestellung. Doch der lässt sich nicht mehr verstellen, bleibt auf steil. Untertourig und gequält geht′s zur Piste. Ursache: durch Hydraulikflüssigkeit verklebter Mikroschalter. Abhilfe: neuer Schalter, regelmäßig auf Freigängigkeit prüfen.
    • Beim Start ein Rucken und dann rauscht′s im Cockpit: die Canopy des Tiefdeckers ist aus ihrer Halterung gesprungen, droht sich zu lösen. Schön langsam und auf verkürzter Platzrunde zurück zur Landung. Ursache: beim Einsteigen/Zuziehen aus der Gleitschiene gerutscht. Abhilfe: Anschläge justieren, korrekten Sitz in Checkliste aufnehmen.
    Selbstverständlich waren alle Maschinen vorschriftsmäßig gewartet, gecheckt und jahresnachgerüft. Die Moral von der Geschicht′: Sowas passiert trotzdem. Wenn man sich das vorher klarmacht, ist die Schrecksekunde schneller vorbei, denke ich.

    Hat jemand noch einen?

    Achja, den noch: Anzahl der Rettungsgeräteauslösungen in oben beschriebenen Fällen: null.  :)

    Gruß
    ColaBear
    • Rotax912/ULS 600h Kontrolle vom Fachbetrieb durchführen lassen. Auf dem Heimflug mit Pup in der Hose gerade noch so bis zur Schwelle gequält (Kein Witz! Hätte keine 5m weiter sein dürfen). Ursache: Es wurde schlicht vergessen, die Ausgleichsschläuche an den Vergaser zu befestigen. Abhilfe: aufgesteckt. Wie hat sichs geäußert?: Erst unrunder Motorlauf, dann komplette Motoraussetzer. Nach 3x Motorreanimation klappte auch das nicht mehr, es gab nur Aus oder Vollgas, zum Ende hin mehr Aus als Vollgas. Am Boden nach 30Sek warten läuft der Motor wieder als ob nix war.
    • Storch 503/Rotax 503 Kabelbrand wegen defektem Ducati-Regler. Abhilfe: Kompletter Kabelbaum + Funke erneuert und Schicke-Regler verbaut.
  • Hi ColaBear,


    solche Ausfälle kenne ich - leider auch beruflich. Wenn es bei einem "uuuups" bleibt und der Pilot nen klaren Kopf behält (behalten kann), dann ist alles ok und alle Beteiligten sagen "nochmal gut gegangen". Ich will gerne zugeben, dass in meiner fliegerischen Vergangenheit gegen Ausfälle dieser Art nicht gefeit war. Klar, als Luftfahrt-Inschinöör kennt man doch sein eigenes Flugzeug und da sind Inspektionen doch kein Problem. Denkste. Mir wurde da irgendwann der Kopf furchtbar gewaschen (danke Axel).


    Mittlerweile (als Prüfer) und als einer, der die UL und LSA Fliegerei beruflich auf der Herstellerseite macht muss ich sagen: alles selber gemachte Probleme. Ja ich weiss, hört sich nach Klugscheissen an. Ist es teilweise auch. Aber ich habe in den letzten fünf Jahren so viel Beinahe-Schrott gesehen, der durch Fachleute in der Wartung gut gegangen wäre (und meistens auch gut gegangen ist). So eine 100h Kontrolle (oder wann immer die auch fällig ist) ist halt mehr als Cowling und alle Deckel abmachen und mal drüber schauen.


    Aber - und jetzt kommt das Gemeine: Viele kleine Gemeinheiten der Flugzeuge kann man als Normalsterblicher kaum kennen. Die findet man dann bei der Wartung auch nicht. Wie auch? Auf die Jahre lernt man dann aber, wo es sich lohnt, genauer hinzusehen. Du weisst es jetzt. Vielleicht sollten wir ja mal über eine kleine Sammlung nachdenken, wo wir aufschreiben, wo man bei welchem Fliegerle mal genau hinsehen sollte. Ich wäre da sehr dankbar, wenn sowas existieren würde. Das macht einem als Prüfer es auch viel einfacher, eine JNP zu unterschreiben. Ich behaupte von mir nicht, alle Unzulänglichekeiten eines Flugzeuges zu finden. Und die REMOS kenn ich beispielsweise auch nur als Neuflugzeug ;-)


    Viele Grüße, Christian

  • ColaBear schrieb:
    • Letzter Check am Rollhalt. Am Kabinenboden eine Pfütze. Benzin suppt munter aus einem T-Stück. Ursache: Undichtigkeit durch Verhärten des ca. 5 Jahre alten Schlauchs. Abhilfe: Austausch aller Schläuche, kleinen Feuerlöscher an Bord.
    ... ich weis ja nicht, was all die LFZ-Hersteller empfehlen - aber bei Rotaxmotoren gibt es die "5-Jahreskontrolle"

    BigMAC schrieb:
    ... Vielleicht sollten wir ja mal über eine kleine Sammlung nachdenken, wo
    wir aufschreiben, wo man bei welchem Fliegerle mal genau hinsehen
    sollte....
    ... mein Vorschlag: über ein WIKI nachdenken.

    _________________________
    Hoch auf dem gelben Wagen
    sitz ich beim Ralle vorn.
    Vorwärts die Rösser traben,
    lustig schmettert das Horn.

    Viele Grüße
    Ralf
  • Da macht es sich Rotax auch ein bisschen leicht:

    Anstatt gescheites Material zu verwenden, soll man einfach einen großteil der Motorbauteile alle 5 jahre wechseln. 

    Und das bei einem 15 000 bis 20 000,-- € Qualitätsbauteil.

    Das man mal regelmäßig in den Vergaser schaun muß ist ja verständlich, aber gibts denn keine besseren Schläuche ?

    Das kann ja meine Waschmaschiene besser.

  • Auf der anderen Seite alle 5 Jahre mal die Schläuche wechseln ist ja nun auch nicht so schlimm, oder? Ausserdem guckt man sich bei dieser Gelegenheit auch mal an wie das Metall da drunteraussieht... Wat gibbet da nicht für Überraschungen manchmal...

    Gruss Stephan
  • DeltaMike schrieb: aber gibts denn keine besseren Schläuche ?
    http://www.isa-racing.com/product_info.php/info/p150_G-Line-XF-910-PTFE-Schlauch.html

    Wissend um dieses Schlauchproblem, habe ich in meinem Flieger nur diese PTFE Leitungen und Aluleitungen verbaut.
    Nur zwei Schläuche sind aus Gummi und die haben von mir nur 3Jahre Laufzeit bekommen.

    Bei einem ausgeliehenen Flieger ist mir in Anflug auf einen Platz die Kraftstoffrücklaufleitung vor dem vorderen Tank gebrochen und der Sprit durch die Kabine und hinten wieder raus. Spaß ist was anderes.

    Mir ist kein Schlauch teuer genug wenn er nur hält. Und das tun diese Schläuche von ISAR.

    UWE
  • Das könnte ein interessanter Thread werden. Ich hoffe es
    endet nicht - wie es sich wieder andeutet - in langweiligem Rotax bashing.

    2 Erfahrungen von mir:

    - An einer C 42 hatte sich ausgerechnet bei meinem
    Prüfungsflug der Schlauch von der Fahrtmesserdüse gelöst. Abhilfe: ?



    - Bei einer CT hatte sich eine kleine Spinne in der
    Fahrtmesserdüse bequem gemacht. Gefunden haben wir sie am Anschluss direkt vor
    dem Fahrtmesser. Auswirkung: Deutlich zu geringe Fahrtanzeige. Abhilfe: ? (Fahrtmesserüberzug war drauf)

  • @BigMac: Meinen ersten Bullet Point haste aber schon gelesen, gelle ;)

    Genau, damit mir soetwas nicht passiert, haben wir (HG) 2.600 EUR für diese Kontrolle ausgegeben. - Und beinahe wäre es noch viel teurer geworden. 

    Abhilfe: ????????? !
  • Moin Mowa,


    ja, deinen Beitrag habe ich gelesen - als ich meinen abgeschickt habe. Ich muss dir zustimmen, sowas ist - vorsichtig ausgedrückt - sehr ärgerlich. Wie man das verhindern kann, weiss ich auch nicht. Die EASA versucht es mit tonnenweise Papierkram, wohl wissend, dass es das Problem nicht löst. Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler.


    Das mit den Schläuchen ist übrigens interessant. Ralle hat Recht, wenn er sagt, dass ROTAX den Schläuchen uns Gummiteilen nur 5 Jahre gibt. Der Flugzeughersteller hat aber bei den UL (und auch bei den LSA) das letzte Wort und kann diesen Passus im Installation/Wartungsmanual überstimmen. Das tun wir übrigens auf Druck seitens der Kunden auch und schreiben nun, dass die Dinger "on condition" zu betreiben sind. Das kann durchaus dazu führen, dass die Schläuche und Gummiteile auch eher als nach 5 Jahren raus müssen.


    In der Lyco/Conti angetrieben Luftfahrt ist es übrigens normal, dass Schläuche ein Ablaufdatum haben. Ich meine mich erinnern zu können, dass es dort auch 5 Jahre sind. Abhilfe schaffen nur teure Teflonschläuche. Aber mal Hand aufs Herz: der Betrieb eines Fliegerles ist schweineteuer. Wer dann meint, er müsse nach 5 Jahren 1000EUR an den Schläuchen sparen, der sollte sich Gedanken machen. Das tut weh, sich mit nem Flieger auf die Nase zu packen, ich weiss das aus Erfahrung. Und ausserdem macht es ein schlechtes Image. Ich kenne Flugzeuge, da ist der Motor so verwarzt, dass ich dem Karren keine JNP geben würde (man hat mich glücklicherweise auch noch nicht gefragt). Andere haben ein ähnlich altes Gerät und das ist tip-top. Kostenaufwand? Ein wenig Pflege und Engagement in der Wartung. Noch nicht mal großartig Geld - darf man bei UL schliesslich alles selber machen. Nur tun muss man es auch.


    Soll heissen: besser mal aufhören, auf den Schläuchen rumzuhacken und immer zu vermuten, dass ROTAX Geld abzocken will und minderwertige Qualität verwendet. Hier und da sind an so nem Motor einfach Gummiteile nötig und die sind nach ein paar Jahren im Benzindampf einfach fertig. Autoreifen fahrt ihr ja auch nicht mit Rissen weiter..


    So long, Christian

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