Kühlung Rotax 912

Forum - Technik & Flugzeuge
  • Aus aktuellem Anlass meine Frage:

    Stimmt es, dass der Rotax 912 durchaus einige Zeit ohne Kühlmittel betrieben werden kann, wenn man die Leistung auf das minimal erforderliche Maß zurücknimmt?
    Der Motor wird ja über die Zylinder luftgekühlt und das Öl trägt ja auch zur Kühlung bei.
    Dies hat mir ein Prüfer Klasse 5 erzählt, der eigentlich ziemlich glaubwürdig ist.

    P.S. Gratulation an FD für die gelungene Außenlandung! Die Gegend sieht ja nicht besonders einladend aus. Erfahrung als Segelflieger ist in dem Moment wo es vorne still wird sicher hilfreich...
  • ...da hat er wohl recht....klar nicht unter voll-last - da könnts bei temperaturen wie gestern problematisch werden...

    wie du schon sagst hast ja nen grossen lüfter vorne dran, der zumindest die vorderen zylinder etwas abkühlen kann....aber dein öl zischt ja auch noch durch nen ölkühler der da schon bisschen was an temp wegbringt...

    geht nix über eine gute abflugkontrolle und ebenso einen guten wartugsstand - damit sowas ned vorkommt.....

    klar fehlbar ist das ganze nie zu 100%

  • Hallo,

    ich würde sagen, dass man das nicht verallgemeinern kann, denn die Motoren sind je nach Flugzeugtyp unterschiedlich eingebaut und werden nicht immer optimal mit Kühlluft umströmt. Und ob über das Öl und den Ölkühler so viel Wärme abgeführt werden kann wage ich zu bezweifeln. Also wenn die Temperaturen hoch gehen, lieber Motor aus, ein geeignetes Landefeld suchen und den Motor nur nochmal starten wenn man merkt dass man das gewählte Landefeld nicht mehr erreicht oder ein nicht gesehenes Hindernis im weg ist. Na gut, ist vielleicht leichter geschrieben, als wenn man wirklich in die Situation kommt, was der gute Sankt Rotax verhindern möge!

    Bernd

  • Man kann im Grunde jeden Motor einige Zeit ohne Kühlmittel betreiben.

    Öl und Luftzufuhr von Außen transportieren sicherlich eine gewisse Wärmemenge an einigen Stellen des Motors ab, allerdings ist das im Vergleich zu Kühlmittel soviel nicht.

    Je stärker man den Motor belastet, desto mehr Verluste gibt es natürlich. Die Verluste äußern sich dann in Wärme, wie in Mechanik und Elektronik so gut wie immer.

    Diese Verlustwärme wäre im Grunde absolut kein Problem, würde sich die Struktur der Metalle und andere Stoffe, aus denen der Motor gefertigt ist, bei steigender Temperatur nicht verändern (Dehnung, Brüchigkeit, etc.)

    Deshalb sind Motoren für bestimmte Betriebstemperaturen ausgelegt, die auch mit 20-30 Grad mehr noch Akzeptabel sind.

    So ist auch die Kühlung des Motors ausgelegt, dass sie an bestimmten Stellen bestimmte Wärmemengen abtransprotiert, um den Motor im gewünschten Temperaturbereich zu betreiben.

    Fällt diese Kühlung aus, hat erstmal das Metall, aus dem der Motor gefertigt ist, eine gewisse Wärmekapazität, die er aufnehmen kann.

    Problem: Es entsteht mehr Wärme, als über die Luft abgetragen werden kann und noch schlimmer, die Wärem entsteht im Inneren des Motors und nicht außen, wo die Luft rankommt. Da die Wärem sich auch nicht beliebig schnell im Motor verteilt, sondern quasi träge, werden bestimmt Bereiche des Motors viel schneller und Stärker als andere erwärmt und es kommt zu diesen unschönen Strukturveränderungen.

    Ist der Motor noch kalt gewesen, brauch er etwas länger, bis die unerwünschten Temperaturen erreicht sind. Hat der Motor schon länger Betriebstemperatur, kann er natürlich nicht mehr so viel zusätzliche Wärme aufnehmen und überhitzt schneller.

    Leider kann man diese Stellenweise Erhitzung nicht auf den Armaturen ablesen, so dass es ratsam ist, denn Motor so schnell wie möglich auszumachen und auch mit so wenig Leistung wie möglich zu Betreiben.

    Der Motor würde ohne Kühlmittel noch einige Zeit laufen, bis er den Betrieb aufgibt, allerdings sind Folgeschäden einer stelleweisen Überhitzung nicht unbedingt immer sofort sichtbar, sonder können auch nach Jahren durch kapitales Versagen sichtbar werden.

    Also den Tip von Bernd beherzigen, solange es möglich ist ;


    Gruß, Alex.
  • Letztlich muss ja jeder selbst entscheiden, was er tut.
    Ich stelle mal die Risiken gegenüber:

    A: Ich stelle bei Kühlmittelverlust sofort den Motor ab und mache eine Außenlandung.
    B: Ich drossel den Motor auf geringstmögliche Leistung und  versuche einen Flugplatz zu erreichen.

    Bei A: habe ich immer das Risiko des Überschlages mit Zerstörung des Gerätes, Beschädigung des Motors und Verletzungsgefahr.
    Bei B: habe ich, wenn der Motor 5 Minuten durchhält (und weiter ist es oft nicht bis zum nächsten Platz)  keine weiteren Probleme.

    Der Motor ist ja dafür ausgelegt, die Maximalleistung dauerhaft abzugeben. Und der Zellenbauer sollte dies auch für einen heißen Tag sicherstellen. Wenn man die Leistung auf die Hälfte reduziert werden die Flieger sicher in der Luft bleiben, aber die Abwärme wird doch deutlich geringer. Dies in Zusammenhang mit der sowieso teilweisen Luftkühlung, der Ölkühlung (und war da nicht auch ein Anteil Kühlung durch den Sprit?) sollte doch reichen? Das Kühlmittel ist doch ausschließlich für die Zylinderköpfe da.
    (OK, vielleicht ist danach die Wasserpumpe hin, wenn die trocken läuft)

    Zu hoffen, dass es immer nur die anderen trifft ist meiner Meinung nach keine Option...
  • Die Wärme entsteht auch hauptsächlich im Zylinderkopf.

    Wie gesagt, wenns geht, Motor abstellen, etc., aber nur, wenn man das Risiko dadurch nicht erhöht.
    Ansonsten ist ein neuer Rotax bestimmt eher zu bezahlen, als andere Verluste...
  • e30alex schrieb:
    Die Wärme entsteht auch hauptsächlich im Zylinderkopf.

    Wie gesagt, wenns geht, Motor abstellen, etc., aber nur, wenn man das Risiko dadurch nicht erhöht.
    Ansonsten ist ein neuer Rotax bestimmt eher zu bezahlen, als andere Verluste...
    Die Wärme entsteht im Brennraum. Und es gibt ja einige Beispiele von Motorkonzepten, wo der Zylinderkopf nicht wassergekühlt ist. (BMW-Boxer, Jabiru, Citroen-Visa, HKS)
    Ich meine, wenn der Motor es aushält, noch eine Weile weiter zu laufen ist abstellen die schlechteste Variante.
    Ich könnte mir sogar vorstellen, dass es dazu Versuche gegeben hat die allerdings nicht veröffentlicht werden (Produkthaftung usw.)
  • Hallo,

    ich denke ob man den Motor abstellt oder laufen lässt ist von vielen Faktoren abhängig. Wenn ich mich z.B. in großer Höhe befinde, könnte der Motor im Gleitflug bis zu einem geeigneten Landeplatz so lange abgestellt werden und ihm somit Zeit zum Abkühlen geben bis man ihn evtl. nochmal starten muss. Mit dieser Maßnahme habe ich meinem Motor einen thermischen Vorsprung gegeben, weil er sich im Gleitflug bereits etwas abkühlen konnte. Sollte ich das Landefeld ohne zusätzliche Motorleistung erreichen, dann um so besser, da ich somit sogar noch einen evtl. Motorschaden abwenden konnte. Aber wie schon weiter oben geschrieben im Fall der Fälle hat man wenig Zeit um richtig zu Handeln und das Adrenalin spielt einem sicher auch einen streich.

    Bernd

  • Der Brennraum ist am Zylinderkopf!
    die meiste Wärme entweicht mit den Abgasen, aber der Wärmestrom der wasserkühlung ist halt enorm!

    Ich stimme Bernd wieder mal völlig zu!
  • ...im Betriebshandbuch steht es genau beschrieben. Hier mal der Auszug:


    Leistung auf erforderliches Minimum reduzieren und nächste Landemöglichkeit wahrnehmen.


    Bei Überschreitung der max. zulässigen Zylinderkopftemperatur ist vom Piloten im Bordbuch eine Eintragung, mit Angabe der Zeitdauer und Höhe der Überschreitung, vorzunehmen.


    Das gleiche trifft auch für die Öltemperatur zu.


    Auf jeden Fall möchte ich dringend empfehlen, in so einem Fall bei Rotax anzurufen, und denen die Sachlage schildern.


    Wir haben bei uns im Club so einen Fall schon gehabt, bei einer Superdimona Rotax 914. Da gab es einen Kühlmittelverlust während eines Schleppfluges. Der Motor überhitzte für längere Zeit (10-15Min), hielt aber bis zur Landung durch.


    Anruf bei Rotax Franz: Zylinderköpfe zur Härteprüfung eingeschickt...mußten ausgetauscht werden, sowie 3 Zylinder und Kolben. Die ganze Geschichte hat uns knapp 10 000.-€ gekostet.


    ölige Grüße,


    Volker

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