Propeller schaukelt sich bei halber Eigenfrequenz auf

Forum - Technik & Flugzeuge
  • Hallo zusammen,

    ich hatte ein sehr interessantes technisches Problem bei der Erprobung eines neuen Propellers. Nachdem ich einem namhaften Hersteller die Daten des Flugzeugs und Antriebs geschickt habe, hat dieser mir einen seiner Meinung nach geeigneten Propeller geschickt.

    Der Propeller sah gut aus - augenscheinlich ordentlich verarbeitete CFK-Blätter, beide Blätter gleich schwer, präzise gefräste Nabe aus Aluminium. Also montiert und vorsichtigen Probelauf durchgeführt. Im Leerlauf sehr ruhiger Lauf, beide Blätter in der gleichen Ebene, alles gut. Beim langsamen Erhöhen der Drehzahl dann bei 1500 U/min ein schlagartiges sehr starkes Vibrieren und in der Folge erhebliche Beschädigung des Flugzeugs.

    Bei der anschliessenden Ursachenanalyse stellte sich heraus, dass der Propeller bei 50Hz seine Eigenfrequenz hat. Da pro Umdrehung jedes der beiden Blätter durch den "Bodeneffekt" geht, also eine andere Anströmung hat als das gegenüberliegende Blatt, kann die Anregung und damit Auftreten der Schwingung in Eigenfrequenz schlüssig erklärt werden. Auch die Motoraufhängung hat den Schäden nach zu urteilen in diesem Frequenzbereich keine sehr hohe Dämpfung.

    Nun war ich leichtsinnigerweise davon ausgegangen, dass ein Propellerhersteller diese Problematik kennt und keine Propeller mit einer derartigen Eigenfrequenz baut und verkauft. Aber das hat man wohl dort nicht gesehen und auch die Eigenfrequenz vorab nicht ermittelt.

    Hat jemand bereits ähnliche Erfahrungen gemacht und kann darüber berichten?

  • Ja, kenne ich aus dem UL Bereich aus eigener Erfahrung und ich buche das auf "passiert" wenn man eben nicht zertifiziert unterwegs ist. Einfach als Lehrübung nehmen und das Geld abschreiben, dann ein gutes Glas Rotwein.

  • Welcher Propeller steht denn im Kennblatt? Und wieso wechselt man sowas dann?

  • Die Frage nach dem Kennblatt ist berechtigt, da ja man nicht auf eigene Faust "einfach so" mal was ändern darf. Aber in diesem Falle geht es um die Erprobung für eine neue Version. Das Kennblatt kommt dann nach der Zulassung

  • airman schrieb:
    Nun war ich leichtsinnigerweise davon ausgegangen, dass ein Propellerhersteller diese Problematik kennt und keine Propeller mit einer derartigen Eigenfrequenz baut und verkauft. Aber das hat man wohl dort nicht gesehen und auch die Eigenfrequenz vorab nicht ermittelt.
    ich habe eine Weile darüber nachgedacht und bin zu keinem Ergebnis gekommen, wie Du bei einem Propeller sicherstellen möchtest, dass das Blatt keinerlei Eigenfrequenz im noptwendigen Bereich hat.

    Das ist immerhin - wenn Du die Anregung von mehreren Blättern einbeziehst - ein Blatt, was seine erste Eigenfrequenz oberhalb 100Hz benötigt.

    Das ist eine ganze Menge und kaum erreichbar.

    Wichtiger ist dabei, dass die Eigenfrequenz von Blatt, Motoraufhängung und Flugzeug nicht koppeln. Den Propellerhersteller kann man daher mMn nicht allein dafür verantwortlich machen.

  • Hallo Steffen_P,

    danke für Deine Einschätzung. Sicherlich hast Du Recht, dass erst eine Koppelung der Frequenzen zu einem ernsten Problem führt. Aber wie kommst Du darauf, dass eine Eigenfrequenz > 100 Hz kaum erreichbar sei?

    Außerdem geht es nicht allein um die Frequenz sondern natürlich auch um die Dämpfungseigenschaften. Der nachträglich durchgeführte Test zeigt leider, dass die Dämpfung extrem gering ist. Somit funktioniert der Propeller zwar an einem sehr schweren Prüfstand wenn man diesen Frequenzbereich schnell durchläuft, aber an einer üblichen Motoraufhängung kann das eben schnell zum Problem werden.

    Ein Versäumnis war hier sicherlich, dass vor dem Zwischenfall im Vertrauen darauf, dass der Propeller ja bereits die Erprobung beim Hersteller durchlaufen hat, nicht genügend Augenmerk auf die Schwingungseigenschaften gerichtet wurde. Die ASTM F2506 (welche der Prop-Hersteller als seinen Qualitätsstandard aufführt) sagt "resonance conditions (...) shall be determined". Wäre das gemacht worden, wäre das problem auch nicht aufgetreten.

  • airman schrieb:
    Außerdem geht es nicht allein um die Frequenz sondern natürlich auch um die Dämpfungseigenschaften
    Dämpfung im Propellerblatt? Wo soll die herkommen?
    airman schrieb:
    Aber wie kommst Du darauf, dass eine Eigenfrequenz > 100 Hz kaum erreichbar sei?
    100Hz ist eine ziemliche Menge. Welches auf dem Markt befindliche Propellerblatt soll die haben?
     sagt "resonance conditions (...) shall be determined". Wäre das gemacht worden, wäre das problem auch nicht aufgetreten.
    Resonanz kann erst im Einbauort festgestellt werden, ist also Aufgabe der Integration, nicht des Einzelteils. Hättest also auch Du machen müssen.
  • Ich kenne das auch. Das ist mir während der Erprobung passiert. 80PS kombiniert mit dem Neuform CR2-65 (2-Blatt, 1.65m). Der Prop Hersteller hatte schon davor gewarnt, dass das passieren könne. Im Frühling war alles prima. Plötzlich tauchte das Phänomen im Sommer auf. Von der Seite konnte man bei höherer Drehzahl im Stand (weiss nicht mehr genau, ist schon lange her) schön die Sinuswelle im Prop sehen. Und schlagartig gab es auch ein "knatschendes" Geräusch. Also 2-Blatt runter, 3-Blatt drauf und alles war gut.

    Christian

  • Neuform hat hier scheinbar eigene Messungen durchgeführt und wusste um die Eigenfrequenz welche eine Resonanz hervorrufen könnte. Das dann auch dem Kunden mitzuteilen ist vorbildlich. In meinem Fall hat der Hersteller sich diese Mühe nicht gemacht.

    Die Änderung beim Wechsel von 2- auf 3-Blatt ist m.E. auch schlüssig, da ja kein gegenüberliegendes Krätepaar mehr wirkt, sondern um 120° versetzte Kräfte und somit erheblich kleinere Momente auf den Motor mitsamt Aufhängung wirken. Bei 3-Blatt kenne ich solche Probleme bislang nicht.

    Steffen_E schrieb:
    Dämpfung im Propellerblatt? Wo soll die herkommen?
    Die Dämpfung kommt aus dem Material selbst. Bei jedem Bauteil sehen wir eine mehr oder weniger schnelle Abnahme von Schwingungen. Bei Faserverbunden ist die Dämpfung schon recht hoch - zum einen durch die Faser bestimmt (wobei GFK und AFK einem CFK deutlich überlegen sind) und zum anderen durch die Matrix. Der Faservolumengehalt spielt hier eine maßgebliche Rolle.

    Faserorientierung und Dicke des Laminats beeinflussen auch die Dämpfung, in erster Linie aber die Steifigkeit und damit die Amplitude einer Schwingung.

    Aus diesem Zusammenspiel ergibt sich, dass insbesondere sehr leicht bauende Propeller (dünne Laminate mit hohem Faservolumengehalt) sehr anfällig für Schwingungen mit großer Amplitude und geringer Dämpfung und damit auch für Resonanzprobleme sind.

    Damit ich nicht missverstanden werde: mir geht es nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, die Ursachen zu ergründen und derartige Probleme zukünftig zu vermeiden.

    Danke für Eure Hinweise!

  • airman schrieb:
    Die Dämpfung kommt aus dem Material selbst. Bei jedem Bauteil sehen wir eine mehr oder weniger schnelle Abnahme von Schwingungen. Bei Faserverbunden ist die Dämpfung schon recht hoch - zum einen durch die Faser bestimmt (wobei GFK und AFK einem CFK deutlich überlegen sind) und zum anderen durch die Matrix. Der Faservolumengehalt spielt hier eine maßgebliche Rolle.
    Sorry, aber die Materialdämpfung ist bei Faserverbund nahe null.

    Glas, Aramid und CFK haben im elastischen Bereich keinerlei Hysterese in der Kennlinie und wenn die Matrix eine Hysterese einbringt, ist das Teil definitiv weit weg von halbwegs langer Lebensdauer.

    Und eine Hysterese ist der Beleg für Dämpfung.

    airman schrieb:
    Damit ich nicht missverstanden werde: mir geht es nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, die Ursachen zu ergründen und derartige Probleme zukünftig zu vermeiden.
    Das ist lobenswert. Aber Du hast es anders formuliert.

    Technisch kannst Du aus dem Propellerblatt heraus keine relevante Dämpfung erwarten. Und 100Hz, die Du bräuchtest um im Betrieb vollständig unterkritisch zu sein sind auch nicht so eben mal aus dem Ärmel geworfen.
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