Zur ursprünglichen Frage:
Natürlich wäre komplett autonomes Fliegen möglich. Auch wenn es an der Ehre der meisten eingefleischten Piloten kratzt, ist es technisch möglich, ein System zu bauen, das dem Menschen überlegen ist. Wir akzeptieren diese Tatsache aber nur sehr ungern, weil wir uns die Kontrolle nicht nehmen lassen wollen. Sicheres autonomes Fliegen ist keine Frage der technischen Machbarkeit, sondern der Akzeptanz.
Die anfangs gemachte Behauptung, autonomes Fahren funktioniere ja auch noch nicht, stimmt nicht. In den Praxisversuchen haben Autopiloten statistisch weniger Unfälle gebaut als der Mensch. Wenn dann doch mal wegen eines Programmfehlers ein tödlicher Unfall passiert, dann wird das gleich hochgebauscht, während ignoriert wird, dass am gleichen Tag zig Menschen auf der Straße durch menschliche "Programmfehler" getötet werden. Wie wenig Verkehrstote wir hätten, wenn man die Vernunft einer guten Maschine statt des menschlichen Egos über die Straßen brettern ließe, kann sich jeder selbst ausmalen. Außer die, die zu oft Terminator geschaut haben.
Und diese Behauptung begründet sich nicht nur darin, dass der Großteil der Flugunfälle nach wie vor auf menschliches Versagen zurückzuführen ist, sondern dass Computer eine Situation besser auswerten können als der Mensch, wenn man sie nur mit genügend Flugdaten versorgt. Ein Computer könnte in Sekundenbruchteilen alle Alternativen simulieren, die beste auswählen und bei der Anwendung näher an die technischen Grenzen des Flugzeugs gehen als jeder Hot Shot. Dass sowas keine Fantasien sind, sieht man daran, dass Computer den Menschen schon längst im Schach bezwungen haben und auch schon in Disziplinen, die man bis vor kurzem noch als "typisch menschlich" abgestempelt hatte, etwa im Go-Spiel oder der Gesichtserkennung. Es braucht nicht viel künstliche Intelligenz, um einen Menschen zu schlagen. Die Amis haben unlängst eine Drohne von einem Flugzeugträger starten und da auch wieder landen lassen, und das ist sicherlich anspruchsvoller als unsere C-42 Platzrunden.
Natürlich spreche ich nicht von Garmin-Spielereien von der Stange oder überhaupt irgendwelchen luftfahrtzertifizierten Systemen, da die nach der Überwindung des Bürokratiemarathons schon technisch veraltet sind, sondern ich spreche von dem, was machbar wäre, wenn man moderne Techniken konsequent anwenden würde.
JaRa schrieb:Moin,
Wie wenig Verkehrstote wir hätten, wenn man die Vernunft einer guten Maschine statt des menschlichen Egos über die Straßen brettern ließe, kann sich jeder selbst ausmalen.
ich male mir gerade ein ganz anderes Szenario aus. Um mal beim Straßenverkehr zu bleiben, stellt Euch einfach mal vor ihr hättet ein Auto, das autonom fahren kann und würdet euch allein durch die Lande kutschieren lassen. Ihr seid auf einer Gebirgsstraße unterwegs, neben euch der Abgrund. Der Computer stellt fest, daß da am Straßenrand eine Schulklasse zu Fuß unterwegs ist. Plötzlich rennen mehrere Kinder los und überqueren direkt vor dem PKW die Straße. Der Computer ist auch schnell genug, simuliert das alles und kommt zu zwei möglichen Ergebnissen:
Bei Alternative 1 ist mit 5 Toten zu rechnen, bei Alternative 2 gibt es nur einen Toten, nämlich den Fahrzeuginsassen. So gesehen müßte sich der Computer jetzt für Alternative 2 entscheiden bzw. eine entsprechende Entscheidung müßte einprogrammiert sein. Stellt sich nur eine ultimative Frage: Würdet Ihr so ein Auto kaufen, das Euch im Zweifelsfall für andere Menschen opfert?
Über die Frage, wer bei Unfällen mit autonomen Fahrzeugen in der Schuld steht, ist auch noch nicht einmal ansatzweise diskutiert worden. Ist da der Hersteller der Verantwortliche, weil die Programmierung unzureichend war oder ist es der Fahrer bzw. Pilot, der ja eigentlich kain Fahrer/Pilot mehr ist sondern nur noch Passagier?
cbk schrieb:
Bei Alternative 1 ist mit 5 Toten zu rechnen, bei Alternative 2 gibt es nur einen Toten, nämlich den Fahrzeuginsassen. So gesehen müßte sich der Computer jetzt für Alternative 2 entscheiden bzw. eine entsprechende Entscheidung müßte einprogrammiert sein. Stellt sich nur eine ultimative Frage: Würdet Ihr so ein Auto kaufen, das Euch im Zweifelsfall für andere Menschen opfert?
Der ESP-verwöhnte Hansguckindieluft würde die 5 Kinder überfahren, die Kontrolle verlieren und in den Abgrund stürzen.
Andersrum formuliert: Würdet ihr ein Fahrzeug kaufen, das 5 Kinder tötet, um euch zu retten?
Moralische Sonderfälle gibt es immer, unabhängig davon, ob ein Mensch oder eine Maschine entscheiden muss. Über die Verantwortlichkeit können die Juristen philosophieren; ein höheres Risiko einzugehen, nur um eine klare Schuldfrage zu formulieren, wäre unmenschlich. Das Ziel muss kompromisslos lauten: so wenig Verkehrstote wie möglich.
So wenige wie möglich? Da würde ich mit Dir übereinstimmen, nur sehen das unsere Verfassungsrichter ganz anders.
In D muß überhaupt erst einmal geklärt werden, ob man Menschenleben in dieser Art und Weise gegeneinander aufrechnen darf und wie zu verfahren ist, wenn man dies eben nicht darf.
--> http://www.tagesschau.de/inland/terror-flugzeug-abschuss-101.html
Steuert der Computer, kannst die Schuld ja nicht mehr einfach auf den Fahrer / Piloten schieben und damit viel Arbeit sparen.
Im Fall der von Terroristen gekaperten Maschine kann man von einem Aufrechnen von Menschenleben sprechen. Das ist ein rein moralisches Problem, kein technisches. Selbst moralische Regeln könnte man in einen Computer programmieren, aber da es hier keine Lösung gibt, die alle glücklich macht, wird er dabei auch keine Wunder vollbringen können.
Die Frage, ob man ein Computersystem etablieren soll, das aufgrund höherer Sicherheit weniger Verkehrstote produziert als der Mensch, ist aber kein Aufrechnen von Menschenleben, sondern ein Sicherheitsgewinn.
cbk schrieb:Muss man ja auch nicht. Bei Toten durch Naturgewalten verklagt ja auch niemand die Natur.
Steuert der Computer, kannst die Schuld ja nicht mehr einfach auf den Fahrer / Piloten schieben und damit viel Arbeit sparen.
Zum Thema autonomes Fliegen.
Wäre es nicht ein Vorteil wenn es eine Paniktaste gäbe und der autonome AP übernimmt und recovered einen kritischen Flugzustand? Man müsste nicht den Fallschirm ziehen oder der AP erledigt das für einen gleich mit.
Oder er brüllt einem ins Ohr das es gleich in den Sturzflug übergeht wenn der Pilot so weiter sein menschliches Versagen übt ?
Kollisionen wären überhaupt nicht mehr möglich, die Ausweichempfehlungen kämen sofort. Die Airliner stoßen auch nicht mehr da oben zusammen.
Die zig Millionen für Langen ( bitte nicht falsch verstehen, ich mag die dort ganz dolle :) könnte man komplett einsparen
Wer konnte sich vor 40 Jahren mal Smartphone vorstellen?
Ich denke das kommt sowieso.
JaRa schrieb:Vom autonomen Fahren sind wir noch viele viele Jahre entfernt. Mit autonom Fahren meine ich nicht, auf einer Autobahn entlang zu rollen, sondern im dichten Verkehr bei schlechtem Wetter in der engen Stadt mit Fussgaenger- und Radfahrerverkehr (natuerlich alles gleichzeitig) und eingestreuten Umleitungen, Baustellen, usw usf... Nein, das wird noch seeeeeeeehr lange dauern, bis das eine Maschine auch nur annaehernd so gut kann, wie ein Mensch.
Die anfangs gemachte Behauptung, autonomes Fahren funktioniere ja auch noch nicht, stimmt nicht. In den Praxisversuchen haben Autopiloten statistisch weniger Unfälle gebaut als der Mensch.
Irgendwelche Standardszenarien auf z.B. der Autobahn (aber da darf keine Baustelle kommen, siehe Tesla, der gerne mal aufgemalte zusaetzliche Linien nicht erkennt) gehen schon heute. Recht viel mehr nicht.
Chris
Vor 10 Jahren hätte auch kaum einer geglaubt, dass ein großer Teil der Gesellschaft bald sein Telefon für sich denken lässt...
Autonome Fahrsysteme machen schon jetzt mehr als nur einer Linie nachzufahren. Die technischen Möglichkeiten, selbst dichtesten Stadtverkehr zu bewältigen, gibt es schon und das umzusetzen ist z.Zt. Forschungsgebiet u.a. von Google. Moderne Bilderkennungssysteme sind in der Lage, mehr Objekte gleichzeitig zu erkennen als der Mensch, außerdem können sie deren Bewegungen auch präziser abschätzen. Durch zusätzliche Abstandssensoren kann der Computer mit weiteren Informationen gefüttert werden, die eine noch präzisere Auswertung der Lage ermöglichen. Das Paradebeispiel des plötzlich auf die Straße springenden Kinds könnte so ein System besser lösen als der erschrockene Mensch mit seiner im wahrsten Sinne des Wortes steinzeitlichen Reaktionszeit.
Ein weiteres großes Potential für autonome Systeme wäre die direkte Auswertung der Gesamtverkehrslage, wenn die Fahrzeuge miteinander kommunizieren. Datenschutzbedenken mal hin und her, hier geht es um die technischen Möglichkeiten. Dadurch könnte für jedes Auto die optimale Route und Fahrweise errechnet werden, so dass Staus vermieden und kritische Situationen wie etwa plötzlich auftauchende Fahrzeuge reduziert werden.
Dass gerade die großen deutschen Autohersteller aber mehr auf Fahrassistenzsysteme oder zeitweise Autopiloten setzen statt auf 100% autonomes Fahren ist weniger ein Indiz dafür, dass es noch große technische Probleme gibt, als viel mehr ein grundsätzlicher Mangel an Interesse. Dazu hat die gerade hierzulande seit Jahrzehnten erfolgreich praktizierte Marketingstrategie, das Auto zum ultimativen Freiheits-, Macht- (und Potenz-)symbol des Mannes zu stilisieren, sicher auch ihren Teil beigetragen. Autonomes Fahren = Kastration des Fahrers. Only from my cold dead hands...
JaRa schrieb:Ja eben. Es wird daran geforscht und in eng definierten und standardisierten Grenzen funktioniert das auch. Aber vom autonomen Fahren in allen im Alltag auftretenden Situationen sind wir weit, weiiiit ganz weiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiit entfernt.
ist z.Zt. Forschungsgebiet u.a. von Google.
Chris
JaRa schrieb:Deine Begeisterungsfähigkeit in allen Ehren: Einen echten, produktiven L5 AP (sprich vollautonom) wird es erst im nächsten Jahrzehnt geben. Die Problematik der dynamischen Umfeldanalyse ist insbesondere in den Städten noch in den Anfängen. Die Google-Fahrzeuge "tasten" sich mit absoluter Schrumpfgeschwindigkeit durch den Verkehr. Dabei handelt es sich zwar auch um Wohngebiete, aber nicht um Bombay oder einer römischen Altstadt. Schon bei so etwas simplen wie der Erkennung von Geschwindigkeitsbegrenzungen haben die aktuellen Systeme so ihre Probleme. Auch die notwendigen hochpräzisen Karten sind gerade erst im Aufbau. Auch im LIDAR-Bereich wird noch intensiv geforscht.
Autonome Fahrsysteme machen schon jetzt mehr als nur einer Linie nachzufahren. Die technischen Möglichkeiten, selbst dichtesten Stadtverkehr zu bewältigen, gibt es schon und das umzusetzen ist z.Zt. Forschungsgebiet u.a. von Google.
Für mich keine Frage: Vollautonome Fahrzeuge werden kommen und werden - zumindest für mich - eine Bereicherung sein (zumindest als Opa :-)).
Autonomes Fliegen (inkl. Starten und Landen) ist übrigens deutlich einfacher zu lösen als dieses doofe 2D-Gegurke :-)
Bye Thomas
Aktuell sind 24 Besucher online.