Offener Leserbrief Nr. 2 zum Editorial des DULV Magazin aus Februar 2016 - 600 kg

Forum - Allgemeines & Aktuelles
  • Hallo lieber Jo Konrad,

    mit Entsetzen habe ich dein Editorial im letzten DULV-Magazin gelesen.

    Gerade du als erfahrener Langzeit-Luftsportler solltest wissen:

    Noch *nie* hat in der Vergangenheit eine Erhöhung des MTOWs ausgereicht.
    Jede Erhöhung des MTOWs führte *immer* zu dem Ruf nach einem noch höheren MTOW.

    Wenn wir den Verlauf der MTOW-Erhöhungen bei Luftsportgeräten über die
    vergangenen Jahrzehnte mal in die Zukunft hinaus extrapolieren, dann
    bekommen wir spätestens 2020 eine Erhöhung auf 750 kg, da ja 600 kg
    bei weitem nicht ausreichen, denn die angebotenen ULs am Markt wiegen
    ja leer alle schon 450kg und wir fliegen damit ja ständig illegal und überladen.

    Damit hat dann das MTOW unserer "Ultraleicht"-Klasse das MTOW einer ECHO
    zugelssenen, zertifizierten Cessna 150 *überschritten*.

    Der DULV als einer der beiden Verbände sieht schweigend und teilnahmslos
    hinnehmend zu, das Hersteller um Hersteller viel zu schwere ULs baut
    und mit des DULVes Hilfe irgendwie auch noch zugelassen bekommt - Im Kennblatt
    lautet es dann nur noch lapidar:  Leergewicht entsprechend aktuellem Wägebericht.

    Es ist zum heulen!

    Der DAeC und der DULV haben über Jahre dem munteren Übergewichtstreiben
    zugesehen und das "Ultraleicht" fast an die Wand gefahren. Nun wird einfach
    gesagt: "die Entwicklung geht weiter" und wir versuchen es mal mit "600kg".

    Als Verband hätte man es in der Hand gehabt, darauf hinzuarbeiten, dass keines
    der zugelassenen UL je mit einer *wirklichen Rüstmasse* von mehr als 295kg
    am Rollhalt steht.
     
    Dann hätte man sich um die wirklichen Dinge der Luftsportgeräte-Fliegerei
    kümmern können:

    Diese unsägliche Medical-Pflicht für *alle* Luftsportarten muss dringend
    abgeschafft werden!

    Die zum Kopfschütteln albernen Jahresnachprüfungen an Luftsportgeräten
    gehören gestrichen da sie, wie das Medical auch, keinerlei
    sicherheitsrelevanten Sinn haben!

    Die Verpflichtung zum 2-Jährigen Übungsflug (der so albern ist, dass er gefühlt
    jedes Jahr einen neuen Namen bekommt) für die Luftsportgeräteführer
    gehört abgeschafft!

    Warum können die Franzosen das, ohne ständig vom Himmel zu fallen?

    Weil ihr Verband seine Zeit nicht mit der Legalisierung
    von 150.000.- Euro 600 kg UL-Orchideen verplämpert!


    BlueSky9

  • Hallo BlueSky9,


    da ich Mitglied im DAeC bin, kenne ich das Editorial der Mitgliedszeitung des DULV leider nicht - gibt es das irgendwo zum nachlesen? Sonst fehlt mir der Bezug zum Originaltext.


    Danke!

    Grüße, Tobias

  • Lieber BlueSky9,

    ich denke auch, dass der DULV für vieles verantwortlich ist. Aber nicht für die Flugzeugentwicklungen der letzten Jahre. Mein Argument ist lediglich, dass die Amis mittlerweile einen weltweiten Standard mit den 600 kg gesetzt haben und die "Erfinder" dieser Maschinen mit dem Festhalten an 450 kg vom Weltmarkt abgehängt wurden. Ferner argumentiere ich, dass die Zahlenkolonnen im Annex II vereinfacht werden könnten.

    Und übrigens: Die Abschaffung des Medical haben DULV und DAeC (fast erfolgreich) betrieben. Unsere Entwürfe waren schon im Bundesrat. Gescheitert sind sie am Einspruch einiger Länder. Machst Du den DULV auch für unseren Föderalismus verantwortlich? Das ist zu viel der Ehre.

    In Frankreich ist vieles besser. Aber Versicherungen z.B. sind überwiegend empfindlich teurer.

    Jo Konrad

  • BlueSky9 schrieb:
    Als Verband hätte man es in der Hand gehabt, darauf hinzuarbeiten, dass keines
    der zugelassenen UL je mit einer *wirklichen Rüstmasse* von mehr als 295kg
    am Rollhalt steht.
    So ist es leider!
    Jo Konrad schrieb:
    Aber nicht für die Flugzeugentwicklungen der letzten Jahre.
    So tatsächlich?? Da frage ich mich aber, wer denn von DULV seiner Zeit z.B. die Corvus Phantom zugelassen hat, die nachweislich ein produktionsbedingtes Leergewicht von über 350 kg hatte, und dann spektakulär in der Wiener Neustadt eigeschlagen ist!

    Michael

  • Jo, ich fände es natürlich auch schön, wenn das Thema Überladung endlich der Vergangenheit angehören würde und daher finde ich Dein Engagement prinzipiell gut. Aber welches Fass würde man mit 600 kg aufmachen? Je mehr MTOW, desto teurer wird es unterm Strich. Der Ansatz, sich an 600 kg LSA anzuhängen ist ja ganz nett, aber dadurch fliegen wir nachher nur noch schwerere Maschinen und die Kostenspirale wird sich noch schneller drehen. Ist das noch UL?

    Meiner Meinung nach sollte der Ansatz sein, unsere jetzigen doppelsitzigen ULs praxisgerecht (!) zu legalisieren, indem man sich Gedanken über die Zuladung macht. Ich werfe mal als vertretbare Hausnummer 230 kg rein, dann wären wir selbst bei einem auf 320 kg gerüsteten Truthahn bei 550 kg MTOW. Ansonsten gäbe es für Legalität nur zwei Alternativen: entweder wir streichen den Begriff "doppelsitziges UL" komplett oder wir sagen dem Hersteller, er soll mal locker luftig bei gleicher Belastbarkeit 60 kg leichter bauen. Kein Problem, dann zahlen wir halt nur ein paar hundert k€ mehr pro Flugzeug.

  • Ich kann dem Vorstoß von Jo nur zustimmen. Wenn man die Diskussionen wegen der regelmäßigen Überschreitung des derzeitigen MTOW von 472,5 kg über die Jahre in den einschlägigen Foren beobachtet hat, kann man wirklich nur zu dem Schluss kommen, dass fast alle (zumindest 3-Achs) ULs illegal unterwegs sind, komischerweise jeder das weiß, aber genauso jeder so tut, als ob es das beste wäre, das mal eben einfach so zu ignorieren, wird schon nichts passieren, ist ja die ganze Zeit auch gut gegangen.

    Die Anhebung des MTOW auf 600kg wäre dabei nicht nur eine Möglichkeit, diesen gewohnheitsmäßig illegalen Zustand (zumindest mittel-/langfristig) zu beseitigen, der andere schwergewichtige Punkt ist, dass damit eine Angleichung an internationale Standards stattfindet, womit unseren Herstellern eine viel breitere Basis für Marktchancen eröffnet werden würde, was bei den meist bescheidenen Stückzahlen allen zugute käme (höhere Stückzahlen = gesündere Unternehmen = bessere Preise usw.).

    Allerdings halte ich eine Begrenzung der Rüstmasse (z.B. 350kg) für ebenso notwendig. Aus technischer Sicht, mit den vorhandenen Materialien und Technologien hat es sich zur Genüge gezeigt, dass man innerhalb eines solchen Limits wunderbare Flugzeuge bauen kann, die modern, stabil und komfortabel genug sind, um alle Ansprüche zu erfüllen. Wird eine solche Grenze nicht eingeführt, haben wir bald "ULs" die eine Rüstmasse von 450kg oder mehr haben und genauso wie jetzt ständig überladen unterwegs sind. Und in ein paar Jahren geht die ganze Diskussion wieder von vorne los.

    Just my 2 Cent

    Scirocco

  • Hallo lieber Jo,

    ich denke ich brauche Dir nicht zu sagen dass ich Dich und Dein persönliches, jahrelanges Engagement für die Ul-Fliegerei sehr schätze. Ich hatte bislang immer den Eindruck dass die deutschen Fliegerkameraden in Dir einen kompetenten und pragmatischen Vertreter haben. Auch wenn wir nicht immer einer Meinung sein werden... Ich stelle Dir also dieselbe Frage wie an Markus: Wie siehst Du bei einer Umstrukturierung der geltenden Ul-Bestimmungen die Chancen dafür dass wir in Frankreich alle unsere Freiheiten uneingeschränkt beibehalten können und vielleicht sogar die deutschen Kameraden in den gleichen Genuss kommen könnten? 

    Übrigens bin ich mir nicht sicher dass unsere Versicherungsprämien wesentlich höher sind als Eure... Dieses Jahr sind es 340 - 380 Euros etwa für einen Zweisitzer je nachdem mit oder ohne RG.. ;-)

    Gruss Stephan

  • Danke Jo für Dein Engagement. Lass Dich nicht von wenigen ewig gestrigen beirren. 

  • Stephan2 schrieb:
    Wie siehst Du bei einer Umstrukturierung der geltenden Ul-Bestimmungen die Chancen dafür dass wir in Frankreich alle unsere Freiheiten uneingeschränkt beibehalten können und vielleicht sogar die deutschen Kameraden in den gleichen Genuss kommen könnten? 

    Lieber Stephan,

    ich glaube, Du beackerst Da ein weites Feld (bin mir nicht sicher, ob ich Dir dabei zu Hand gehen kann).

    Ich weiß Du hast Dominique Mereuze sehr geschätzt und auch seine harte Haltung zur Beibehaltung der 450 im Annex II verteidigt. Für mich war Dominique stets ein politischer Gegner aber ich habe ihn als solchen auch geschätzt (auf seiner Beerdigung war ich wahrscheinlich der einzige Deutsche aus der UL-Szene). Ich sage das nicht, um dem Nachfolgenden nur einen anderen Anstrich zu geben. Ich wollte wirklich von den Franzosen lernen – bin damit aber gescheitert (in Deutschland mit dem Zugeständnis des Stillhaltens eine Aufhebung von Bürden zu erreichen war ein Trugschluss (siehe Medical-Befreiung).

    Jetzt zu Deinem Anliegen:

    1. Selbst viele Profis (auch französische) verstehen wenig bis nichts vom Annex II.

    2. Wir sind uns alle einig, dass wir sämtliche ULs aus dem EASA-Regime raushalten wollen. Sonst macht das alles gar keinen Sinn. In Frankreich gilt immer noch die Ansage, es gäbe ein Agreement zwischen FFPLUM und DGAC: 450 und wir lassen eure Freiheiten unangetastet. Deswegen wird alles über 450 als Teufelszeug gegeißelt. Aber ein Kilo mehr und eure Freiheit ist futsch.

    3. Ich sage dazu, die Angst, die in Frankreich umgeht ist die Angst vor einer Chimäre, die von Dominique Mereuze in die Welt gesetzt worden ist. (Die haben keine Angst vor der DGAC, sondern immer noch vor Dominique. Kann sein, dass im FFPLUM einige diese Angst abschütteln wollen und dass es nun deswegen im FFPLUM rumort.)

    4. Als die 560 kg von der EU (recht eigenwillig) für Gyros eingeführt worden sind, hätten die Franzosen nach dieser Logik zittern müssen, stattdessen ist DTA als erste europäische UL-Firma in die Werkstatt gegangen und hat ein 560-UL designed. Was ist passiert? Nada! Null! Nichts! (PS: DTA wäre heute als Trike-Firma längst dicht, wenn sie nicht ihren 560-Kilo-Hobel mit recht gutem Erfolg -mit deutscher Musterzulassung- weltweit verkaufen könnten. Ca. 10 gute Arbeitsplätze.) Allesamt liebenswerte Heuchler!

    5. Dann noch mein Problem mit der nationalen Zuständigkeit. Der Annex II beschreibt nicht, wie schwer ULs sein müssen. Er beschreibt bis zu welchem Gewicht die EASA nicht zuständig ist. Das heißt, die Franzosen könnten problemlos das französische Limit bei 450 behalten (obwohl die EU bestimmt, dass sie das Fenster ein bisschen weiter aufmachen dürften). Wieso regelt das die „Grand Nation“ nicht in eigener Zuständigkeit und lässt andere ihre Probleme auf ihre Art lösen?

    Stephan, wäre ich Franzose und würde mich in die französischen Angelegenheiten einmischen, dann könntest Du mich gerne mit harter Haltung um Garantien für den Fortbestand unserer Freiheiten bitten. Aber aus meiner Warte sehe ich keinen Handlungsbedarf, hier in Deutschland zusammen mit Dir für nichtexistierende Freiheiten mit vorauseilendem Gehorsam zu kämpfen. Für mich in Deutschland und anderswo in Europa stellt sich die Sache so dar: Wir könnten einfach vor der Überladungsproblematik den Kopf in den Sand stecken (und uns dann ärgern, wenn jemand draufkommt, dass der Arsch immer noch rausguckt).

    Herzlichen Gruß Jo

  • Hallo,


    >
    > ... von wenigen ewig gestrigen beirren. ...
    >


    Was ist denn nun "ewig gestrig":

    Einen "wirklich leichten Flieger" zu bauen
    oder einen vorhandenen Flieger einfach
    immer nur schwerer zu machen und das
    ganze dann "Entwicklung" zu nennen?


    Nur weil es einem in seinem selbstgefälligen
    Übergewichtslethargismus so gerade "in den Kram"
    passt nichts wirklich zu tun sondern einfach mal besser
    nur die Vorgabenparameter "hochzuschauben" ist man
    dann _nicht_ "ewig gestrig" sondern der große Innovator?

    Lächerlich!


    Ok... das Maffia-Opfer braucht sich die Betonklötze
    nicht von den Füßen zu meißeln - wir können auch einfach
    etwas Wasser aus dem See ablassen!



    BlueSky9

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