Hallo Jo,
mit großer Freude habe ich Dein gelungenes Editorial in der DULV-Info aus Februar 2016 gelesen. Du sprichst damit nicht nur mir, sondern auch hunderten anderen Piloten aus der Seele. Bei den Gewichtsklassifizierungen blickt niemand mehr nachvollziehbar durch. Die teilweise willkürlich gesetzten Limits ergeben vor allem hinsichtlich der rasanten Weiterentwicklung schon lange keinen Sinn mehr und verleiten zu illegal betriebenen ULs.
Insbesondere Dreiachs-ULs könnten heutzutage mit vielen technischen Hilfsmitteln ausgestattet werden, die die Sicherheit maßgeblich erhöhen würden. Leider ist es so, dass die gedankliche Waage im Hinterkopf ununterbrochen ein Veto einlegen würde. Wer aktuell ein vernünftig ausgestattetes UL kaufen möchte, wird fast unweigerlich an die 300 kg Leergewicht kommen und diese in aller Regel sogar deutlich überschreiten.
Nehmen wir einen bekannten deutschen Hersteller als Beispiel. Laut Broschüre bekommt man dort das UL mit 100 PS Motor in der Standardausführung ab 299,5 kg. Rechnerisch verbleiben somit 173 kg Zuladung. Pilot und Passagier werden in der Flugvorbereitung gern mit 150 kg durchgewunken. Aber Hand auf’s Herz. Im echten Leben funktioniert das nicht. Wir fliegen weder nackt (denn so steigt man an und für sich auf die Waage) noch würde die Berechnung mit den Standards des LBA konform gehen. Der Standardpassagier bringt laut LBA zwischen 76 kg (Feriencharterflüge) und 84 kg (Linienflüge) auf die Waage. Nehmen wir nun den Mittelwert von 80 kg zur weiteren Berechnung, bleiben dem UL noch sagenhafte 13 kg für den gesamten Rest. Dieser Rest ist nicht gerade unwichtig, denn er besteht in aller Regel aus Headsets, Bordbuch, Flugbuch, Kartenmaterial und vor allem Treibstoff! Zwei durchschnittliche Headsets wiegen etwa 1 kg, der mitzuführende Papierkram dürfte ebenfalls 0,5 kg auf die Waage bringen. Schnell sind die verbleibenden 13 kg Zuladung um weitere 1,5 kg auf rechnerisch 11,5 kg reduziert. So weit so gut (oder auch schlecht). In der Theorie heißt es nun, dass wir für Warmlaufen, Rollen, Startlauf, Steigen, Platzrunde usw. mindestens 30 Minuten Reserve einplanen sollten. Bei einem 100 PS Motor, der einen durchschnittlichen Verbrauch von 18 Litern pro Stunde hat, benötigen wir allein für die Treibstoffreserve knapp 6,5 kg. Uns bleiben, sofern wir das UL in den gesetzlichen Grenzen bewegen möchten, 5 kg für den generellen Treibstoff. Das ergibt knapp 7 Liter Treibstoff oder auch 23 Minuten Flugzeit.
Bei oben genannter Standardausführung sind wir uns natürlich alle im Klaren darüber, dass das UL weder über ein Navigationssystem, einen Transponder, ein Antikollisionssystem oder ein ELT verfügt – keine Pflicht aber durchaus sinnvolle und den Piloten unterstützende technische Installationen. Denn die Sicherheit sollte stets an erster Stelle stehen. Optimistisch kalkuliert verschlingt die Installation dieser Geräte weitere 3 kg. Rein rechnerisch kämen wir mit dieser wirklich sinnvollen Zusatzausrüstung auf ein Leergewicht von 302 kg – theoretisch. Die Praxis sieht oft anders aus. Stöbert man durch die einschlägigen Märkte im Internet, so wird man feststellen, dass man das Beispiel-UL nicht unter einer Leermasse von 310 kg angeboten bekommt. Rechnerisch bleiben bei 310 kg Leergewicht 162,5 kg Zuladung. Mit diesen Daten können wir uns zwar zu zweit in das UL setzen, sollten aber besser nicht auf die Idee kommen Headsets und Papierkram mitzuführen, zu tanken oder auch nur im Entferntesten an das Losfliegen zu denken.
Aus diesem Grund gebe ich Dir zu 100 % Recht. ULs haben eine Entwicklung hinter sich, die auch in naher Zukunft nicht abreißen wird. Es ist an der Zeit, dass auch der Gesetzgeber die Notwendigkeit erkennt, historisch gewachsene Limits – vor allem der Sicherheit wegen – anzupassen. Die Idee, das Leergewicht zu begrenzen, begrüße ich sehr. Dieses sollte 350 kg meiner Meinung nach jedoch nicht überschreiten und würde für realistische 250 kg Zuladung sorgen. Damit könnten sich ULs in Zukunft nicht nur sicher, sondern sogar legal in unseren Lufträumen bewegen.
Macht weiter so!
Liebe Grüße
Markus
Hallo Markus,
100% konform damit. Ich habe das Editorial nicht gelesen da ich nicht (mehr) DULV Mitglied bin.
Wir hatten diese Diskussion vor einigen Monden schonmal ( Anhebung des MTOW′s für Gyrocopter) und da wurde mit teils kräftigen Bandagen missioniert das UL′s dann eben für die "übergewichtigen" die falsche Luftfahrzeugkategorie ist.
Man kann so argumentieren, steht aber sich und der Realität selbst im Weg. Fakt ist, genau wie Du anmerkst, das es heute sinnvolle Erweiterungen in dem Bereich gibt die uns das Fliegen erleichtern würden. Ich rede hier nicht von Komfortschnickschnack sondern davon das die Zellen heutzutage wesentlich besser konstruiert sind und somit schlicht mehr Material verbaut wird. Dazu gibt es Avionikerweiterungen die auch für den VFR Betrieb Sinn machen!
Ich bleibe dabei das man im Prinzip nichts ändern müßte sondern lediglich darüber nachdenken sollte ob der Sprit hier nicht als "ausfliegbare Masse" anders berechnet wird.
Der pragmatischste Vorschlag wäre, das man bei Mustern wo der Hersteller das MTOW mit einem höheren Wert garantiert (in meinem Fall (590kg) dies auch nutzen darf. Dabei darf die Gesamtmasse der Zelle inkl. Piloten 472,5 nicht überschreiten, aber man darf dann noch Sprit für minimum 3,5 Stunden mitführen, zusätzlich. Rund gerechnet also 50kg Sprit on Top.
Damit wären schlagartig 90% aller mit 2 Personen besetzten UL′s wieder legal unterwegs.....
Sicherlich müßte man das Thema Rettungssystem dann beleuchten.....
MOIN schrieb:
Ich bleibe dabei das man im Prinzip nichts ändern müßte sondern lediglich darüber nachdenken sollte ob der Sprit hier nicht als "ausfliegbare Masse" anders berechnet wird.
Ich glaube, dass wir uns schon einmal über Deinen Ansatz unterhalten hatten. Ich finde diesen auch wirklich nicht schlecht und er wäre vor allem für die ULs interessant, die bereits operativ betrieben werden. Die Problematik an der Sache ist und bleibt jedoch der fehlende gesetzliche Riegel vor dem Thema Leergewicht. Denn die oben genannten 302 kg und auch der 310 kg Wert sind noch gut gemeint und wirklich nur als Theorie oder das Gewicht auf dem Papier zu betrachten.
Schau Dir mal eine Pioneer 300 oder eine VL-3 an. Auf irgendeine Art tolle ULs, aber muss das wirklich sein? Einziehfahrwerk? Mehr als 300 km/h? Verstellpropeller? Bildschirme, so weit das Auge reicht? Wollen wir da wirklich hin? Meiner Meinung nach geht das auch anders. Ich bin im August letzten Jahres mit einer VL-3 geflogen. Tolle Ausstattung, ganz ehrlich. Das war schon beeindruckend. Aber 330 kg Leergewicht? Da bleiben 142,5 kg Zuladung. Da hilft Dir auch der ausfliegbare Sprit nicht weiter. Das ist einfach übertrieben. Aber der Trend geht genau in diese Richtung.
Und da sehe ich auch die Gefahr für ein höheres MTOW. Lass es 500 kg, 550 kg oder 600 kg sein. So lange die Leermasse nicht genau gesetzlich definiert UND begrenzt wird, ist jegliche MTOW-Erhöhung nur heiße Luft.
Der Vorschlag mit der ausfliegbaren Spritmenge ist sicherlich gut, aber dafür ist der Zug meiner Meinung nach leider schon abgefahren. So hart es klingt, aber heutzutage freut man sich doch schon einen Ast ab, wenn man ein UL auf die Waage schiebt und die erste Zahl eine zwei ist. Da kann man ein Fass aufmachen und drei Wochen feiern gehen. Und auf der Aero staunen die Leute so nach dem Motto: "Wow, unter 300 kg? Wahnsinn....".
Bestellst Du heutzutage einen neuen Flieger, kann die Wahl wirklich nur auf zwei oder drei Modelle fallen, die rein gesetzlich gesehen noch legal betrieben werden können. Das ist zum einen die C42, die allerdings auch langsam gen 300 kg geht, dann hätten wir noch die Skylane, die ja tatsächlich sehr leicht sein soll und von Roland die Z 602. Danach wird die Luft aber echt schon dünn. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel. Nimm Dir mal einen Konfigurator zur Hand und statte das UL mit sinnvollem Equipment aus (z.B. Navi, Transponder, Rutschkupplung etc.) und versuch die Karre mal unter 300 kg zu halten. Es wird nur selten gelingen...
sukram schrieb:Absolut! Es muss auf jeden Fall eine max. Leermasse definiert sein und ggf. zusätzlich eine MTOW, alles in vernünftigen Grenzen. Der technische Stand lässt es einfach nicht zu, einen brauchbaren Zweisitzer aus bezahlbaren Materialien mit einer MTOW von 472,5 kg zu bauen. Die Zeiten, in denen ein voll ausgestatteter Pilot 75 kg wog und mit 5 l Sprit flog sind seit der letzten Hungersnot vorbei.
Und da sehe ich auch die Gefahr für ein höheres MTOW. Lass es 500 kg, 550 kg oder 600 kg sein. So lange die Leermasse nicht genau gesetzlich definiert und begrenzt wird, ist jegliche MTOW-Erhöhung nur heiße Luft.
Auf UL-Seite müssen sich dann einige aber auch nochmal ernsthaft Gedanken über die Idee hinter der Bezeichnung "Ultraleicht" machen. Was hat ein lederbezogenes fliegendes Wohnzimmer voller Fernseher noch mit Ultraleicht zu tun? Ultraleichtfliegerei sollte eben genau das bleiben und nicht eine Ausrede, um billig Echo fliegen zu können.
Eine einheitliche Größenordnung, so wie Jo sie anstrebt, würde mit dem Durcheinander aufräumen, den niemand begreift oder nachvollziehen kann. Nicht das ich den Herstellern die Taschen füllen will, aber die stecken ein einem ziemlichen Dilemma. Um wirtschaftlich(er) produzieren zu können und eine faire Chance auf dem Markt zu haben, sollte man Produkte entwickeln können, die auch global vermarktet werden dürfen.
Heute bastelt die Firma Ochideenflieger einen Typ für den US-Markt und speckt ungesunderweise soviel ab, daß man das Gerät auch noch in D als UL fliegen kann. Ist nicht schön, auch nicht wirklich sinnvoll - wird aber gemacht!
Wenn die Spieregeln für die Hersteller gleich wären und damit jeder den gleichen Zugang zum Markt hätte, gäbe es bestimmt auch den einen oder anderen Hersteller der nicht in die Pleite getrieben wird, weil er von seinem Prudukt dann auch leben könnte. Das wiederum käme uns Piloten auch zugute.
Tom
Hallo,
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> Der technische Stand lässt es einfach nicht zu, einen brauchbaren Zweisitzer aus
> bezahlbaren Materialien mit einer MTOW von 472,5 kg zu bauen.
>
das ist absoluter Quatsch!
Ein solcher Flieger wird nur nicht gebaut, weil es der Kunde nicht will!
Dem Kunden (also uns) ist es beim Kauf schlicht _egal_, dass er überladen fliegt.
BlueSky9
JaRa schrieb:???
Es muss auf jeden Fall eine max. Leermasse definiert sein und ggf. zusätzlich eine MTOW,
JaRa schrieb:Ich dachte es gäbe Bauvorschriften nach denen solche Luftfahrzeuge zugelassen werden. Dort ist jedenfalls eine Leermasse und ein MTOW definiert, auch wenn es seit Jahren geflissentlich ignoriert wird.
Der technische Stand lässt es einfach nicht zu, einen brauchbaren Zweisitzer aus bezahlbaren Materialien mit einer MTOW von 472,5 kg zu bauen.
Michael
FlyingDentist schrieb:Ja, eben! Es fehlte in Deinem Zitat der Teil "alles in vernünftigen Grenzen". Die aktuelle Leermasse (bzw. geforderte Zuladung) ist völlig unrealistisch im Bezug auf die MTOW. Über erfüllbare Bedingungen können wir erst dann reden, wenn eine realistische Zuladung angesetzt wird.
Ich dachte es gäbe Bauvorschriften nach denen solche Luftfahrzeuge zugelassen werden. Dort ist jedenfalls eine Leermasse und ein MTOW definiert, auch wenn es seit Jahren geflissentlich ignoriert wird.
BlueSky9 schrieb:Dann mache ich als Kunde da wohl die Ausnahme. Wenn man mal eine repräsentative reale Zuladung eines für 3 Flugstunden betankten doppelsitzig fliegenden ULs mit Pi*Daumen 230 kg ansetzt, dann bleibt eine max. legale Leermasse von etwa 60 kg unter dem, was die ULs typischerweise wiegen. Wie willst Du das bauen, ohne auf deutlich teurere Materialien zurückzugreifen? Es sei denn, eine C-22 reicht Dir als Doppelsitzer völlig aus.Hallo,
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> Der technische Stand lässt es einfach nicht zu, einen brauchbaren Zweisitzer aus
> bezahlbaren Materialien mit einer MTOW von 472,5 kg zu bauen.
>
das ist absoluter Quatsch!
Ein solcher Flieger wird nur nicht gebaut, weil es der Kunde nicht will!
JaRa schrieb:Ich finde nicht, dass der Teil "alles in vernünftigen Grenzen" fehlt.
Es fehlte in Deinem Zitat der Teil "alles in vernünftigen Grenzen".
Die Grenzen für die Ultraleichtfliegerei sind durchaus vernünftig. Und wer mehr will, darf gerne LSA oder VLA fliegen. Da gibt′s die geforderten Gewichtsgrenzen schon lange, im Übrigen mit auch nicht gerade üppigen Zuladungen!! Insofern wird der Vorstoß von JK auf ganzer Linie scheitern.
Ich verstehe auch das Problem nicht .... oder vieleicht doch, es gibt ja kaum ein Stück der zugelassenen Muster, welches die Bauvorschriften letztendlich erfüllt und somit legal betrieben werden könnte. Das ist das eigentliche Problem.
Momentan funktioniert das ja alles noch ganz gut, aber was wird wohl geschehen, wenn die tollen Beauftragten einschl. Herrn JK sich künftig nur noch um die 120er, Gleitsegler, Flugmodelle, und ein paar Lizenzen kümmern dürfen ...
Erzähl uns doch nebenbei mal mit welchem Muster und welcher W&B Du Deine 200km-Flüge mit Schüler fliegst :-))
Michael
FlyingDentist schrieb:Sehe ich anders, denn diese 2x 75 kg-Geschichten können nur in den seltensten Fällen erfüllt werden. Aber gut, letztendlich werden wohl auch die Versicherungen entsprechend die Hand aufhalten, wenn wir "aufrüsten".
Die Grenzen für die Ultraleichtfliegerei sind durchaus vernünftig.
FlyingDentist schrieb:Deshalb fliege ich unsere C-42 aus sicherheits- und luftrechtlichen Gründen ausschließlich mit nichtbekleideten zierlichen Damen, denen ich vorher ausführlich das Thermikfliegen beigebracht habe, damit sie mit nichts als der 30′ Reserve auskommen, Schwerpunkt aus Performancegründen am hinteren Anschlag.
Erzähl uns doch nebenbei mal mit welchem Muster und welcher W&B Du Deine 200km-Flüge mit Schüler fliegst :-))
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