Kommt es mir nur so vor, oder ist das für viele hier im Forum die unabwendbare Konsequenz, der man höchstens damit begegnen kann, alles nur erdenkliche zu tun, dass der Motor bloß keine Mucken macht. Zumindest werden immer wieder BfU-Berichte zitiert, in denen von Triebwerksproblemen die Rede ist ( z.B. dieser, der hier oder dieser hier) und in erster Linie diese für den Unfall ursächlich gemacht.
Das kann man so natürlich nicht stehen lassen. In den Beispielen waren es nämlich immer eklatante Pilotenfehler, in einem Fall sogar durch einen Fluglehrer, die die beherrschbare Situation eines Leistungsverlusts oder Stillstands des Triebwerks schnell einen prekären und schließlich fatalen Verlauf nehmen lies. Ein Strömungsabriss generell oder besonders in einer Umkehrkurve hat eben nichts mehr mit den anfänglichenTriebwerksproblemen zu tun, sondern wird allein und aktiv durch den verantwortlichen Luftfahrzeugführer herbeigeführt. So hätte es in den zitierten Unfällen keinen Toten geben müssen. Dass diese Unfälle dennoch so tragisch endeten, kann m.A.n. nur zwei Gründe haben: Entweder stellten die Piloten, bewusst oder unbewusst, den Wert und die Verantwortung für den Flieger über die für die Unversehrtheit und letztlich das Leben von sich selbst und des Passagiers oder es fehlen schlichtweg die erforderlichen Skills. Diese Skills kann und muss man immer wieder trainieren und sollten doch so nicht wirklich das Problem sein. Das fehlende Bewusstsein aber, dass ein Haufen Blech, GfK, Rohr Tuch oder sonst was mit 'nem Motor vorne dran immer weniger wert ist als die Gesundheit und das Leben der Insassen, scheint in letzter Konsequenz doch die Oberhand zu behalten.
Michael
Moin,
Natürlich ist ein Motor, der gut gewartet und gepflegt ist, eine gute Versicherung gegen einen Motorstillstand, also quasi die halbe Miete.
Was bei Deinen Beispielen auffällt, alle drei haben ihren Anfang bei Motorproblemen im Anfangssteigflug genommen. Und ich glaube einfach, dass dies zu wenig bis gar nicht geübt wird. Ein Grossteil der Piloten übt die Ziellandung, dabei schön 2000 ft über dem Platz und das funktioniert auch, ausserdem hat man in der Höhe genug Zeit. Diese Zeit hat man nach dem Abheben nicht und ich glaube dies wird auch kaum geübt. Ich persönlich hatte mein Aha- Erlebnis bei einem Prüfungsflug, wo der Prüfer mir in ca 200 ft über Platzhöhe das Gas komplett raus gezogen hat. Erste Reaktion natürlich: Knüppel nach vorne, um nicht zu langsam zu werden. Ich glaube auch, Segelflieger haben da einen Riesenvorteil, da der Seilriss oder die -übung häufiger vorkommt als ein Triebwerk, welches Probleme macht. Zum Abschluss meine Frage dazu : Wer hat das schon mal ohne Vorankündigung trainiert oder bei wem wurde beim Übungsflug schon mal das Gas im Anfangssteigflug raus gezogen ?
Gruss, Walter
Mein Fluglehrer hat mir das Gas nach dem abheben unvermittelt mal weggezogen. Erste Reaktion von mir war nachdrücken und dann der böde Blick rüber warum er so nen Quatsch macht. Natürlich hatte ich in dem Moment erstmal nicht seine Absicht verstanden. In der Nachbesprechung erklärte er mir die Hintergründe und das er äusserst zufrieden mit meinen Reflexen war.
Später wirde das immeer mal in die Ausbildung eingebaut neben den bekannten Ziellandeübungen.
Ich finde sowas auch extrem wichtig und bin froh das dies geübt und somit die Scheu davor genommen wurde.
Ich durfte die Erfahrungen damals auch machen. Kurz nach dem Abheben Gas raus, nachdrücken und geradeaus wieder auf der Piste landen. Hier muss man allerdings dazu sagen, dass die Piste 600 m hatte und man in so einem Fall i.d.R. auch geradeaus landen kann. Bei einer Piste von 300 - 400 m, die ggf. nicht asphaltiert, sondern eine einfache Graspiste ist, kann das natürlich anders aussehen. Trotzdem gilt auch hier das gleiche Verfahren: nachdrücken und im Ernstfall den Vogel geradeaus runterbringen.
Was mir aufgefallen ist: viele Passagiere und auch Schnupperflieger kommen mit genau dieser Einstellung (Motorstillstand = Absturz = Tod) zu mir. Meistens ist es eine der ersten Fragen. Erst vor zwei oder drei Tagen habe ich jemandem gezeigt, dass ein Motorausfall (hierbei natürlich in sicherer Höhe) kein großes Problem ist, zumindest nicht gleich den Tod bedeutet. Wir segelten ein wenig herum und flogen gemütlich eine lange Wiese an, die wir uns ausgesucht haben.
Meiner Meinung nach sollte man sich - auch, wenn der Übungsflug nur alle 24 Monate vorgeschrieben ist - öfter mal mit Lehrer ins Flugzeug setzen und solche Dinge trainieren. Erstens macht es Spaß und zweitens kann man viel dazulernen. Und fliegen tut man dabei ja auch noch.
In einer solchen Situation ist es schwierig Ruhe zu bewahren. Trainiert man dieses Szenario allerdings des Öfteren, ist man sich für den Fall der Fälle selber etwas sicherer. Und ich denke, dass in einer Notsituation ein "Ich schaffe das, weil ich weiß, dass ich es kann!" wichtig für den glimpflichen Ausgang sein kann. Übt man diese Situationen nicht hin und wieder, könnte es gegenteilig in einer Ratlosigkeit mit vielen fatalen Fehlern gipfeln.
Ja mit diesen Reaktionen hatte ich gerechnet. Skills kann und muss man trainieren und das wird ja auch gemacht, wie man nicht nur hier lesen kann. Das ist wichtig und gut so!! Nur das ist m.M.n. nicht das eigentliche Problem und wahrscheinlich auch nicht die finale Unfallursache in den Beispielen. Vielmehr glaube ich, erst recht bei einem Fluglehrer (zumindest will ich nicht darüber nachdenken, wenn dem nicht so wäre), dass alle Unfallpiloten über diese Skills in mehr oder weniger ausgeprägter Form verfügten. Jeder halbwegs ernst zu nehmende Pilot weiß ja schließlich, dass Umkehrkurven fast immer ins Verderben führen, dennoch kommen sie in den Untersuchungsberichten der BfU erschreckend häufig vor. Jeder weiß, dass das Unterschreiten der Mindestfahrt in Bodennähe fatale Folgen haben kann, aber auch das ist immer wieder Gegenstand der Untersuchungsberichte. Müssen wir uns nicht fragen, was immer wieder das Motiv für dieses krasse Fehlverhalten ist?
Wie heißt es gerade bei Opel, "Umparken im Kopf": Wir müssen uns wahrscheinlich vielmehr darüber klar werden, dass es in den genannten Beispielen und auch für uns, falls wir in solche Situationen geraten, keine weiteren Optionen zu überdenken gibt, als die Maschine schleunigst und gesteuert an den Boden zu bringen, ungeachtet dessen, wie der Flieger das auch überstehen mag. Aber gerade das scheint ja so schwierig zu sein, die Maschine nämlich gedanklich völlig "aufgeben", um so den Kopf frei zu haben, den in jeder Hinsicht Erfolg versprechendsten Flugweg Richtung sicherem Erdboden einzuschlagen, mit dem einzigen Ziel, diese Situation möglichst unverletzt zu überleben.
Vielleicht ist vielen auch einfach nicht ausreichend bewusst, dass ein Triebwerksausfall in Bodennähe und erst recht im Anfangssteigflug unmittelbare Lebensgefahr bedeutet und man sofort und "richtig" reagieren muss, ohne auch nur einen Gedanken an sein geliebtes Fliegerchen zu verschwenden.
Michael
Moin, ich muss aus meiner vor zwei Jahren abgeschlossenen Schulung leider auch sagen, dass der Leistungsverlust nach Start nicht geprobt wird. Das mag aber daran liegen, dass wir für solche Übungen zumindest in eine Richtung ungeeigneten Bewuchs haben, den wir mit Nachdrücken unweigerlich treffen würden. Was mich in allen BfU- Berichten stutzig macht, keiner der Verunglückten hatte den Schirm benutzt. Denn das wird wohl niemals irgendwo trainiert. Angeblich sollen die Dinger ja schon ab 20 m Flughöhe den Absturz zumindest abmildern. Gruß, Wolfgang
Ich weigere mich einfach zu glauben, dass es Piloten oder auch Fluglehrer gibt, die das eigene Leben oder das eines Passagieres aufs Spiel setzen, um das Lfz zu retten. Trotzdem ist Michaels These, dass es ein Kopfproblem ist, nicht von der Hand zu weisen, allerdings glaube ich, dass es entweder eine Blockade im Kopf ist, die es verhindert, weitere Optionen zu wählen als die, ich muss zurück zum Platz und in Kombination mit einer kanalisierten Wahrnehmung, die z.B. das Beobachten der Fahrt verhindert. Zum Thema Rettung muss ich sagen, dass ich die auch nur ziehen würde, wenn ich keine Möglichkeit mehr sehen würde, sicher zu landen, z.B. Bewuchs oder Strukturbruch. Aber im Anfangssteigflug, wo ich die Möglichkeit habe, geradeaus oder mit leichten Kurven zu landen, keine Option, höchstens als zusätzliche Bremse.
Gruss, Walter
Ja, das meine ich. Überlegen...Bei 20 m bleibt hierfür keine Zeit, hier muss in Sekundenbruchteilen entschieden werden. Und nur antrainierte Handgriffe werden dann abgerufen, dazu gehört wohl nicht der Griff zur Rakete. Gerade in unserem Bundesland gibt es viele Plätze, die von Wald umgeben (Hartenholm, Uetersen, Föhr) sind, da wird das niemals etwas mit geradeaus landen, es sei denn, man nutzt die Piste voll aus und stellt sich nicht auf die Halbbahnmarkierung oder gar ins letzte Drittel, wie ich von UL Piloten schon gesehen habe, so nach dem Motto, was solls, die Mühle fliegt ja nach 100 m... Ich habe gerade so einen Piper-Cub Piloten im Kopf, der immer Höhe Tower auf die Piste geht und dann nur 300 m vor sich hat, und der hat nicht mal ne Rettung. Gruß, Wolfgang
Fuer gut finde ich noch, sich vor dem Startlauf die Hoehe einzupraegen, bis zu der man keinesfalls eine Umkehrkurve fliegt (Platzhoehe + 700ft z.B., je nach Flugzeug). Im Steigflug dann Hoehenmesser im Auge behalten, erst beim durchsteigen dieser festgelegten Hoehe wird der mentale Schalter umgelegt, ab jetzt ist Umkehrkurve moeglich.
Chris
Hallo!
> Ich weigere mich einfach zu glauben, dass es Piloten oder auch > Fluglehrer gibt, die das eigene Leben oder das eines Passagieres > aufs Spiel setzen, um das Lfz zu retten.
Ich bin fest davon überzeugt, dass das so ist. Zwar nicht mit Absicht, jedoch unterbewusst.
Ich glaube aber, das der kausale Zusammenhang für den Gedanken "bloss den Flieger ganz lassen" ein Anderer ist als der monetäre (kaputter Flieger = teuer)
Ich glaube viel mehr, dass man als Pilot in dieser Situation dem Irrgaluben aufsitzen mag: Ein heiler Flieger = heile Insassen!
Also wird doch alles getan, um erstmal "den Flieger heil zu lassen".
Mit den entsprechenden, teilweise verheerenden Folgen.
> Gerade in unserem Bundesland gibt es viele Plätze, die von Wald > umgeben (Hartenholm, Uetersen, Föhr) sind, da wird das niemals > etwas mit geradeaus landen,
Und das ist genau der entscheidende, immanente Denkfehler! kontrolliert, sauber gesteuert geradeaus geht immer - endet aber mitunter mit Bruch (im Baum) - macht aber nix, denn die Insassen bleiben heil.
Nach einer vermurksten Umkehrkurve (z.B. um hier den Wald zu vermeiden) sind dann aber wirklich alle tot.
Man kann vieles trainieren, aber wie es dann in einer realen Situation aussieht, steht immernoch auf einem anderen Blatt.
Ich will die Sache keinesfalls verharmlosen, aber man muss auch sagen, dass wohl eine Menge Notlandungen dieser Art einfach unaufgeregt gut gehen (zum Glück) - es bekommt halt kaum jemand etwas davon mit.
Und ich weiss, man darf es nicht öffentlich aussprechen, aber auch Umkehrkurven sind bei uns am Platz schon erfolgreich geflogen worden. ;-)
Trotzdem sage ich mir vor jedem Start: "kontrolliert in die Hecke, sonst bleib′ ich auf der Strecke"