Erster Alleinflug----nach wieviel Stunden ???

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  • Liebe UL-Freunde,

    wir beschreiben jetzt inzwischen Seite 9 in diesem Thread, und in den Äußerungen ging es nicht immer gerade friedlich zu.

    Vor allem die persönlichen Angriffe, die man teils direct, teils zwischen den Zeilen lesen konnte, müssen doch nicht sein, oder?

    Aber das hatte ich schon erwartet, als ich den Eröffnungsbeitrag gelesen hatte: "Wieviel Stunden habt ihr denn so bis zum ersten Alleinflug gebraucht?"

    Die Frage ist schon ziemlich provokativ. Genauso gut hätte man fragen können: "Wie gut bist du eigentlich so als Pilot?"

    Tja, was soll man darauf antworten? Da ist man doch gefordert, etwas über das persönliche Können preiszugeben und wer will da schon schlecht dastehen?

    Für mich jedenfalls - und für viele andere sicherlich auch - war der erste Alleinflug nicht das Wichtigste und damit auch nicht das, was unbedingt so schnell wie möglich erreicht werden musste. Meine erste Flugstunde hat auch eine Zeitstunde gedauert, in der wir uns die Umgebung des Flugplatzes angesehen haben. Während dieser Stunde ist das Flugzeug auch tatsächlich dahin geflogen, wo ICH wollte! Das ist doch schon was. Die Landung machte dann der Lehrer, und ich war auch gar nicht scharf darauf.

    Meine SPL ist dadurch etwas teurer geworden, aber ich will die SPL ja nicht nur zu Hause an die hängen, sondern auch nach Erhalt weiter fliegen. Und was das noch alles kosten wird ..... lieber nicht dran denken ;-)

  • @springerwaldi

    Du hast recht, noch einen langen Satz, dann verschwinde ich hier wieder!

    Folgendes Szenario: Ein wolkenloser, windstiller Tag mit wenig Thermik. Ein Verkehrslandeplatz mit einer Asphalt- und einer Grasbahn. Die Platzrunde ist leer, es herrscht Segelflugbetrieb, Landerichtung 09. Der Flugschüler ist gut drauf und hochmotiviert freut er sich, etwas angespannt, auf seine ersten Alleinflüge. Nach dem Start fliegt er eine ganz normale UL Platzrunde mit sicherer Landung. Er startet durch zu Runde 2. Im Querabflug meldet sich über Funk eine schnelle 2-Mot. aus Westen und bittet um Direktanflug auf die 09. Info bestätigt die Möglichkeit des Direktanfluges auf 09. Der Flugschüler befindet sich in der viel kleineren UL Platzrunde inzwischen im Gegenanflug zur Piste 09. Kurz vor Erreichen des Queranfluges setzt er Klappen 15 Grad und sieht versetzt links voraus die schnelle 2-Mot im Endanflug auf Piste 09 was auch über Funk gemeldet wurde. Der Flugschüler erreicht den Punkt seiner Platzrunde, an dem er in den Queranflug eindrehen müsste. Gleichzeitig meldet ein Segelflieger starkes "saufen" und seine Absicht "Position" anfliegen zu wollen. Der Flugschüler sieht links voraus die herannahende 2-Mot. Vor und unter ihm die Ortschaft knapp außerhalb der Platzrunde, die er, so weiß er, nicht überfliegen sollte. Würde er jetzt in den Queranflug eindrehen, wäre er auf Kollisionskurs mit der 2-Mot. Info meldet an den Segelflieger " verstanden, Erreichen der Position melden". Das Gequatsche im Funk irritiert den Flugschüler nun merklich. Er ist jetzt kurz vor der Ortschaft, die er nicht überfliegen sollte. Rechts über ihm erkennt er einige kreisende Segelflugzeuge . Er sieht auf sein Vario und erkennt starkes Sinken. Er sieht auf den Fahrtmesser und erschreckt stellt er fest, dass er viel zu hohe Fahrt hat. Ihm fällt ein, dass er Klappen 15 Grad gesetzt hat. Er ist bereits deutlich über der Klappengeschwindigkeit. Die Nase ist zu weit unten. Er hört eine Stimme im Funk (Fluglehrer), die Ihn auffordert sofort in einer flachen Kurve nach rechts seinen Anflug zu verzögern, aber das Gequatsche im Funk nervt ihn jetzt. Er ist bereits über der Ortschaft, die 2-Mot. bereits querab, aber das registriert er nicht mehr.

    Spätestens jetzt ist er überfordert. Er befindet sich in ungewohnter Position, der Flugzustand seiner Maschine ist anders als in den bisherigen Platzrunden und die Konfiguration seiner Maschine stimmt nicht mehr mit der dafür vorgesehenen Geschwindigkeit überein. Die Verkehrssituation einer leeren Platzrunde hat sich nahezu schlagartig verändert. Er ist verunsichert und hat eine viel zu hohe Pulsfequenz. Die akustische Wahrnehmung stresst ihn.

    Aber er hat eine Chance: Aus dem Nebenzimmer hört er seine Frau rufen "Schatz bitte schalte deinen Flugsimulator aus, denn der Kaffee ist fertig".

    Nix für ungut.

  • Siehste Lazy,
    so ähnlich läuft das am Wochenende in Calden, zwar nicht mit Segelfliegern welche zwar in der Nähe am Dörnberg fliegen, aber mit einigen Flugzeugen, weil am Wochende alles in die Luft geht.
    Deshalb bin ich froh, daß ich auf soche Situationen gut vorbereitet und eben erst nach 26 Stunden allein losgeschickt wurde.
    Ich habe so manchen Vollkreis drehen müssen, oder konnte nicht während der Woche in die Kontrollzone weil sich auf einen Schlag mehrere Flugzeuge vor dem Pflichtmeldepunkt meldeten und den Funk dadurch "blockierten" oder sich zwei Möchtegerntopgunpiloten am Funk über die Farbe ihrer Flugzeuge unterhielten.
    Ich bin auch schon mehrfach von Echofliegern während des Endanfluges unterschnitten worden, alles während der Ausbildung wohlbemerkt, da kann man schon ins schwitzen kommen.

    GoKarli
  • Und das ist der Vorteil einer vorangegangenen Ausbildung im Segelflug: man lernt im Pulk koordiniert zu fliegen und zu landen. Es gibt keinen Stress wenn mehrere gleichzeitig runter müssen. Jeder schaut zu ob der Anflug frei ist und passt seinen Flugweg entsprechend an ohne Funkgequatsche. Und das lernt der ULer nicht, der meint, man müsse immer eine Platzrunde exakt per GPS abfliegen und bloß nicht über die Ortschaft ausholen, lieber eine Kollision herbeiführen.
    Man lernt übrigens nach Scheinerhalt weiter. Es gibt nämlich seltene Situationen, die in der Ausbildung nicht vorkommen. Eine gute mentale Vorbereitung hilft für solche Fälle. Was mache ich wenn ... ? Ein offener Umgang mit Risiken gehört einfach dazu. Und es gibt sicher Menschen, für die das Fliegen deshalb nichts ist, aus mentalen Gründen.
  • lazysting schrieb:

    ......Spätestens jetzt ist er überfordert. Er befindet sich in ungewohnter Position, der Flugzustand seiner Maschine ist anders als in den bisherigen Platzrunden und die Konfiguration seiner Maschine stimmt nicht mehr mit der dafür vorgesehenen Geschwindigkeit überein. Die Verkehrssituation einer leeren Platzrunde hat sich nahezu schlagartig verändert. Er ist verunsichert und hat eine viel zu hohe Pulsfequenz. Die akustische Wahrnehmung stresst ihn.

    Aber er hat eine Chance: Aus dem Nebenzimmer hört er seine Frau rufen "Schatz bitte schalte deinen Flugsimulator aus, denn der Kaffee ist fertig".

    Klasse Antwort. You made my day. Geht doch nix über sinnigen Humor.

    edhs
  • Hallo lazysting,

    tolle Geschichte, aber Du hast noch vergessen, dass gleichzeitig
    die Sichtweiten zurück gehen, der Schüler in IMC einfliegt, die
    Böenwalze einer herannahenden Front den Flugschüler auf den
    Rücken dreht und im selben Moment noch die Blue Angels mit einer
    Handvoll FA18 Hornets im Verband in 200ft den Platz überfliegen.

    Na gut liebe Flugschüler... dann fliegt halt 30h mit Lehrer und dann
    hab ihr sofort euren Schein und seit ab dann auf alle Eventualitäten
    und Situationen vorbereitet...   :o)

    Aber nicht vergessen: Auch nach Scheinerhalt immer schön einen
    Sicherheitspiloten mitnehmen - denn es könnten ja unterwegs Dinge
    passieren, die Ihr zuvor noch _nicht_ mit eurem FI "geübt" habt.  ;-)))

    BlueSky9
  • @lazysting:

    Haha, sehr schön geschrieben!

    Aber die eine Minute bis zum Aufsetzen bzw. Aufschlagen kann der Kaffee noch warten. So schnell wird der ja nicht kalt ;-)

    Dabei fällt mir ein, ich wollte ja heute noch ein paar Platzrunden mit der Katana in x-Plane fliegen.

  • @Lazysting, gutes Szenario, was du dir da ausgedacht hast. Ich habe bis zu meiner sechsten Flugstunde (erster Alleinflug) das DURCHSTARTEN kennen gelernt. Kennst du das?
    Wenn ich so eine Situation in meinen ersten drei Solo Platzrunden gehabt hätte, dann hätte ich durchgestartet. Ganz einfach, denn in der Luft (Höhe) ist man sicher. Kurz per Funk melden, dann können die sich da austoben und laden und dann komm ich wieder rein.

    Was würdest du jetzt, also nach deiner langen Erfahrung als ULer, in so einer Situation machen? Ortschaft überfliegen? Zwei Mot voll meckern und zurechtweisen, da du dich vorher in der Platzrunde gemeldet hast oder einfach mit gesundem Meschenverstand DURCHSTARTEN oder die Ortschaft überfliegen, aber evtl würdest du dir auch einfach dein Kaffee aus der Küche selber holen und vorher die P Taste drücken.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas
  • lazysting schrieb:
    Folgendes Szenario: Ein wolkenloser, windstiller Tag mit wenig Thermik. ...

    Nette Geschichte*. Ein nur etwas erfahrener Flugleiter hätte diese Situation mit der Meldung, "Flugschüler im Querabflug beim ersten Alleinflug" komplett entschärft!
    Kein Flugschüler ist beim ersten Alleinflug auch wirklich allein gelassen!!


    BlueSky9 schrieb:
    Aber nicht vergessen: Auch nach Scheinerhalt immer schön einen
    Sicherheitspiloten mitnehmen - denn es könnten ja unterwegs Dinge
    passieren, die Ihr zuvor noch _nicht_ mit eurem FI "geübt" habt. 

    Das wäre die unausweichliche Konsequenz, wenn alle Fluglehrer nach der Maxime von Janina verfahren würden.


    Michael


    *) Zu meiner Zeit auf dem Feuerstein bei der teils total phlegmatischen Flugleitung vielleicht sogar vorstellbar.

  • Eben. Der Fluglehrer ist ja an der Funke und der Türmer passt ja zusätzlich auf.


    Daneben gibt es ja auch bei den Flugplätzen große Unterschiede: Die Platzrunde in EDLT ist z.B. sehr leicht, da man sich an Straßenkreuzungen und Bauernhöfen orientieren kann. EDAY ist da von den Orientierungspunkten her etwas schwieriger. Dann ist die Frage, ob es unterschiedliche Platzrunden für Ultraleicht und Motorflug gibt und ob Segelflugbetrieb stattfindet. Nicht zuletzt gibt es ja auch noch Unterschiede bei den Pisten: Bis vor kurzem hatte EDCE 2,2km x 40m Gras - Da sollte jeder noch so ungeschickte Schüler problemlos runterkommen. Erkelenz-Kückhoven oder Dankern mit ihren kurzen Pisten sind da schon schwieriger. Bei EDLS erinnere ich mich, dass ich da immer schwierige Seitenwindverhältnisse hatte, während es in EDLT meist recht angenehm war.


    Wie auch immer: Ich hatte es ja schon mehrfach betont, dass Stundenzahlen und fliegerisches Können nicht in Relation zu setzen sind. Macht Euch frei von diesen Gedanken. Wer 100 Flugstunden bis zum Schein benötigt, der benötigt halt 100 Flugstunden bis zum Schein. Die wichtigste Pilotenqualifikation ist im Vorfeld zu erkennen, wann man lieber besser am Boden bleiben sollte. Dann stehen die Chancen nicht schlecht, dass man ein langes Fliegerleben vor sich hat. 
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