Der Untersuchungsbericht ist jetzt erschienen.
Ich bin der Meinung, dass dieser Untersuchungsbericht verheerende Folgen für die Rechtsnachfolger (Erben) des PIC bedeuten kann.
Der Unfall wird durch die BfU eindeutig mit Überladung und der daraus resultierenden kritisch rückwärtigen Schwerpunktlage in Zusammenhang gebracht.
Das Fliegen in dieser Konstellation ist mindestens grob fahrlässig und bei Nachweis der Kenntnis dieser Umstände sogar vorsätzlich. Das würde bedeuten, der PIC haftet nach Luftrecht oder BGB unbegrenzt gegenüber seinem Passagier und dessen Rechtsnachfolgern mit allen, was er zu Zeitpunkt des Unfalls besaß, bzw. worauf er einen Rechtsanspruch hatte.
Der Erbfall, dürfte aber nach über einem Jahr wahrscheinlich abgewickelt sein, so dass nun die Erben, möglicherweise uneingeschränkt, in diese Rechtsnachfolge eintreten müssen.
Michael
DAL4 schrieb:Da schau aber nochmal genauer in die gesetzlichen Regelungen - der Geschädigte braucht in der Fliegerei im Zweifel gar nichts zu beweisen! Je nach Beförderungsart (entgeltich oder Gefälligkeitsflug) bist Du als Pilot/Halter ziemlich gekniffen, weil Du in den meisten Fällen beweisen musst, dass Dich nicht mal ansatzweise eine Schuld trifft!
Was erst mal zu beweisen wäre.
FlyingDentist schrieb:Genau dafür ist ja die (Passagier-)Haftpflichtversicherung da. Die kann sich auch bei grober Fahrlässigkeit nicht aus der Leistungspflicht heraus winden. Ansonsten wären Haftpflichtversicherungen ja auch völlig nutzlos. In aller Regel ist man ja nur dann zu Haftung verpflichtet, wenn man Mist gebaut hat, also auf Grund (grober) Fahrlässigkeit eine Schaden verursacht hat. Das einfachste Beispiel wäre im Straßenverkehr auf schneeglatter Fahrbahn zu schnell gefahren zu sein und ein anderes Fahrzeug zu beschädigt zu haben --> grob fahrlässig, die Versicherung muss natürlich trotzdem bezahlen.Das Fliegen in dieser Konstellation ist mindestens grob fahrlässig und bei Nachweis der Kenntnis dieser Umstände sogar vorsätzlich. Das würde bedeuten, der PIC haftet nach Luftrecht oder BGB unbegrenzt gegenüber seinem Passagier und dessen Rechtsnachfolgern mit allen, was er zu Zeitpunkt des Unfalls besaß, bzw. worauf er einen Rechtsanspruch hatte.
Oliver Reik schrieb:
Genau dafür ist ja die (Passagier-)Haftpflichtversicherung da. Die kann sich auch bei grober Fahrlässigkeit nicht aus der Leistungspflicht heraus winden. Ansonsten wären Haftpflichtversicherungen ja auch völlig nutzlos.
Die Haftpflichtversicherung dient dem Schutz Dritter und nicht dem Eigenschutz. Dieser Umstand macht sie auch bis zum Höchstbetrag einkommensteuerabzugsfähig. In Bereichen wo Gefährdungshaftung besteht, also beim Betrieb von Kraft- und Luftfahrzeugen hat sie der Gesetzgeber zur Pflicht gemacht.
Oliver Reik schrieb:
In aller Regel ist man ja nur dann zu Haftung verpflichtet, wenn man Mist gebaut hat, also auf Grund (grober) Fahrlässigkeit eine Schaden verursacht hat.
Das gilt bei der Gefährdungshaftung nicht. In § 45 LuftVG heißt es:
"Haftung für Personenschäden
(1) Wird ein Fluggast durch einen Unfall an Bord eines Luftfahrzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen getötet, körperlich verletzt oder gesundheitlich geschädigt, ist der Luftfrachtführer verpflichtet, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 haftet der Luftfrachtführer für jeden Fluggast nur bis zu einem Betrag von 113 100 Rechnungseinheiten, wenn 1. der Schaden nicht durch sein rechtswidriges und schuldhaftes Handeln oder Unterlassen oder das rechtswidrige und schuldhafte Handeln oder Unterlassen seiner Leute verursacht wurde oder
2. der Schaden ausschließlich durch das rechtswidrige und schuldhafte Handeln oder Unterlassen eines Dritten verursacht wurde.
Der Höchstbetrag nach Satz 1 gilt auch für den Kapitalwert einer als Schadensersatz zu leistenden Rente.
(3) Übersteigen in den Fällen des Absatzes 1 die Entschädigungen, die mehreren Ersatzberechtigten wegen der Tötung, Körperverletzung oder Gesundheitsbeschädigung eines Fluggastes zu leisten sind, insgesamt den Betrag von 113 100 Rechnungseinheiten und ist eine weitergehende Haftung des Luftfrachtführers nach Absatz 2 ausgeschlossen, so verringern sich die einzelnen Entschädigungen in dem Verhältnis, in welchem ihr Gesamtbetrag zu diesem Betrag steht."
Das bedeutet der PIC haftet in jedem Fall, ob fahrlässig, grob fahrlässig oder vorsätzlich immer schuldunabhängig mit 113.100 SZRs (11.06.2011 1 SZR=€ 1,10693) bzw. € 125.193,79.
Wird ihm aber schuldhaftes Verhalten vorgeworfen, haftet er in unbegrenzter Höhe bei umgekehrter Beweislast.
Diese umgekehrte Beweislast wäre bei diesem Unfall schon ein Problem, denn die Rechtsnachfolger müssten demnach beweisen, dass der PIC nicht schuldhaft gehandelt hat, was bei nicht durchgeführter W&B bzw. bei Ignorierung derselben äußerst schwer fallen dürfte!
Oliver Reik schrieb:
grob fahrlässig, die Versicherung muss natürlich trotzdem bezahlen.
Selbst wenn Vorsatz nachgewiesen werden könnte (z. B. besoffen Auto gefahren und geschrottet), kann die Versicherung nur in begrenzter Höhe Regress fordern.
Bei Fliegern ist es sinngemäß nicht anders.
Natürlich muss die Versicherung zunächst einmal zahlen, die Versicherung heißt auch Haft p f l i c h t versicherung. Was den anschließenden Regress bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit angeht, hast Du für den Straßenverkehr als "Massenphänomen" recht. Ich fürchte allerdings im Luftverkehr sieht das etwas anders aus.
Im Gegensatz zum Straßenverkehr, wo in der Regel weitaus höhere Deckungssummen gelten, leistet die Passagierhaftpflicht max. die o.g. 113.100 SZR/Fluggast und nicht mehr. Das bedeutet, dass bei der Passagierhaftplicht der Regress nie höher sein kann als dieser Betrag, ganz im Gegegnsatz zum Straßenverkehr, wo die Haftung pro Geschädigten innerhalb der Deckungssumme variabel ist. Ich weiß es zwar nicht, aber ich könnte mir deshalb vorstellen, dass die 113.100 SZRs dann auch die Regresssumme darstellen.
Ist der Schaden darüber hinaus aber größer und der Geschädigte oder die Erben klagen, kommt es nach § 45 LuftVG wieder zur umgekehrten Beweislast, es sei denn, es war wirklich und nachgewiesenermaßen ein Gefälligkeitsflug ohne Rechtsbindungswillen. Dann wäre eine Haftung nach BGB gegeben, wo der Geschädigte die Schuld des Schädigers nachweisen muss.
Oliver Reik schrieb:
Im diesem Fall hat meiner Ansicht nach also im schlimmsten Fall der Pilot, bzw. seine Nachfahren, wenn sie das Erbe annehmen, den Flieger ′gekauft′. Nicht schön, aber sicherlich kaum Existenz gefährdend, wenn sie nicht gerade am Hungertuch nagen.
Diesen Satz vestehe ich so, dass Du der Ansicht bist, dass die Erben lediglich in das Besitzverhältnis des Luftfahrzeugs eintreten ohne für die Unfallfolgen aufkommen zu müssen.
Es tut mir leid, und bei allem Respekt, diese Auffassung ist mehr als naiv.
Wird das Erbe ausgeschlagen, wird der Schaden aus dem Besitz des Erlassers zum Stichtag des Unfalls bedient. Ist das Vermögen aufgebraucht ist ein für alle Mal schluss.
Anders sieht es aus, wenn die Rechtsnachfolge bereits angetreten ist. Hier könnte z.B. eine lebenslangen Rentenzahlung an die Hinterbliebenen des Geschädigten als Ergebnis der gerichtlichen Aufarbeitung stehen und die Erben mit aller Härte treffen.
Erben hat nicht nur angenehme Seiten, auch Schulden und damit selbstverständlich auch die Verpflichtung zu deren Abtrag kann man rechtsverbindlich und unumkehrbar erben!
Michael
DAL4 schrieb:ja, bitte noch mal nachrechnen!
Nach meiner Einschätzung sind die rund 6 % Übergewicht - sofern ich richtig gerechnet habe - nicht der gewichtskausale Zusammenhang, den die Versicherung geltend machen könnte um die Zahlung zu verweigern.
fl95 schrieb:
Es ist eben die Frage ob sich aus der "Begünstigung" der Trudelneigung schliessen lässt, dass der Flieger bei weiterer Vergrößerung des Anstellwinkels Sekunden später auch ohne Überladung ins Trudeln gekommen währe.
DAL4 schrieb:
Was erst mal zu beweisen wäre.
Nach meiner Einschätzung sind die rund 6 % Übergewicht - sofern ich richtig gerechnet habe - nicht der gewichtskausale Zusammenhang, den die Versicherung geltend machen könnte um die Zahlung zu verweigern.
Der entscheidende Absatz der Untersuchungsberichts ist wohl dieser hier:
"Die Beladung, zwei Personen einschließlich Gepäck, ohne Kraftstoff betrug ca. 197 kg und das Leergewicht 304,1 kg. Somit waren die Beladung und die maximale Abflugmasse überschritten und der Schwerpunkt lag außerhalb des zulässigen Bereiches. Die genaue Abflugmasse konnte aufgrund der Brandschäden und der unbekannten Kraftstoffmenge nicht ermittelt werden."
Der PIC ist also mit einer Schwerpunktlage außerhalb des zulässigen Bereichs gestartet. Das allein wäre schon so Angriffspunkt genug, die massive Überschreitung der MTOW tut ein Übriges dazu!
Michael
FlyingDentist schrieb:Kein Kommentar zu dem anderen Kram. 1. Ich weiß es nicht besser, eher deutlich schlechter und 2. WILL ich es auch nicht wissen. Aber die Schwerpunktlage kollidiert etwas mit meinen Vorurteilen. Unabhängig von dem anderen Zeug, Die Schwerpunktlage ist die kausale Kette. Ich hatte meine Verbaffung schon an anderer Stelle formuliert. Man, das ist ein ′Brot und Butter′ Flugzeug. Reinsetzen, volltanken, Gepäck nach hinten, ab gehts. Hundertfach in Schulen mit Pilotenkoffer voller AIPs und Feuerlöscher im Gepäckfach, tausendmal gesehen ...Der PIC ist also mit einer Schwerpunktlage außerhalb des zulässigen Bereichs gestartet. Das allein wäre schon so Angriffspunkt genug, die massive Überschreitung der MTOW tut ein Übriges dazu!
Michael
truxxon schrieb:
Aber die Schwerpunktlage kollidiert etwas mit meinen Vorurteilen.
Ja so ist das mit den V o r u r t e i l e n.
Es ehrt Dich aber, dass Du wirklich etwas echauffiert zu sein scheinst. Sind Deine Grundfesten nun doch etwas ins Wanken geraten?
Früher hättest Du einfach geschrieben, dass in einem Zweisitzer nicht automatisch zwei Personen Platz nehmen dürfen, und der Fall wäre für Dich erledigt gewesen.
truxxon schrieb:
War das eine spezielle Version oder IST W&B bei der Serie in einem so engen Rahmen?
Das glaube ich kaum! "W" hat ja immer annähernd den selben Rahmen. Ich behaupte, alle diese Flieger wiegen so um die 305 kg. Was "B" angeht, ist mit 175 mm größter Vorlage und 250 mm größter Rücklage hinter BE der zulässige Schwerpunktsbereich beim Eurostar nicht geade üppig bemessen und auch nur 5 mm kleiner als beim Breezer. Eine C42 kann da mit einer Differenz von immerhin 210 mm aufwarten.
Michael
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