ICH habe keinen Transponder.
Ich kann Deinen psychologischen Ansatz des Mindsettings nachvollziehen, aber bist Du hinsichtlich der Grenzen einer Kontrollzone auch so tolerant, wie mit dem Weglassen vorgesehener Phrasen? Ist „so‘n büschen in der Kontrollzone, aber nicht weit“ auch so tolerierbar wie „so‘n büschen Phrasen, aber nicht alle?“ und wenn nicht, warum nicht und wie weit ist „nicht weit“?
Ergeben allgemein verbindliche Phrasen oder klare Grenzen vielleicht Sinn?
Moin,
mir ist immer noch nicht klar, welchen Vorteil das Modifizieren der Sprechgruppen hat? Ich lasse ein Wort weg, weil ich es nicht mag? Wo ist der Gewinn dabei?
Das größte Problem beim Funken ist die Tatsache, das ein deutlicher Teil der Flugfunkteilnehmer Defizite beim Funken und beim Verständnis über die Zusammenhänge und Verantwortlichkeiten hat. Daher der teilweise echt anstrengende Kauderwelsch. Beim Flugfunk werden keine Hierachien bedient, die sind festgelegt. Wenn ich etwas "erbitte", wende ich mich nicht an eine übergeordnete Instanz. "Erbitte" ist ein früher Versuch, einheitliche Systeme in der jeweiligen Landessprache zu etablieren. Wenn ich dann von Deutsch auf Englisch wechsele, muß ich nur ein Wort tauschen, dann passt alles wieder. Aus "Erbitte" wird "request", und schon klingt es deutlich weniger hierarchisch und wahnsinnig viel pilotiger, ist aber exakt identisch im transportierten Inhalt. Und nur auf den kommt es an. Flugfunk ist, wenn korrekt betrieben, eine reine Fachsprache, alle anderen Ebenen sind eliminiert. Keine Gefühls- und Beziehungsebene, keine Interpretation, keine Zweideutigkeit. Wenn ich befürchte, das ein "Erbitte" eine falsche Beziehung zwischen Lotsen und Piloten erzeugt, bin ich nicht mehr auf der Sachebene. Und damit beginnt die Kaskade an Problemen.
Der Gewinn durch einheitliche Phrasen ist riesig und deswegen ist es sehr wichtig, dort sauber zu arbeiten. Wenn ich aber in der Flugschule, am Platz oder auch durch Teilnehmen am Funk niemals lerne, richtig mit dem System zu arbeiten, bleibt es zäh.
Wenn ich in meinem Airbus sitze, habe ich nur wegen der Standard-Phrasen überhaupt ne Chance, die Lotsen in Mali oder Japan zu verstehen. Das ist bei FIS jetzt nicht ganz so dramatisch, aber auch hier kostet es deutlich mehr Aufmerksamkeit bei allen Beteiligten, als es müsste. Und das nicht standardisierte Modifizieren von Sprechgruppen macht auch genau das: es bindet Aufmerksamkeit und kommuniziert nicht nur auf der Sachebene und macht es viel komplexer, als es sollte. Wir hatten eine verwandte Diskussion mit den Meldungen in der Platzrunde, da ist die identische Problematik vorhanden. Wenn nicht klar ist, was eigentlich gesagt wurde, verpufft der Sicherheitsaspekt der Meldung. Wenn ich den Anderen erst suchen muß, weil er laut der Meldung irgendwo im Gegenanflug stecken kann, verbessert die Meldung die Sicherheit in der Platzrunde nur bedingt.
Da die Wenigsten von uns als Lotsen arbeiten, ist es nicht sicher, ob die durch Verändern der Sprechgruppen erwartete Verbesserung auch genau als solche von Lotsen wahrgenommen wird. Es kann auch sein, das durch einen anderen Blickwinkel tatsächlich neue Probleme entstehen, wenn einer etwas unerwartetes sagt. Die Phrasen sind interpretationsfrei, ich muß nicht wissen, was die Gegenstelle wohl vermutlich meint. Den Vorteil gebe ich nicht freiwillig aus der Hand.
Gruß Raller
wvk schrieb:Dafür gibts von mir eine 1 mit *
Aber ich teile auch nicht ganz den Funk-Fetischismus, der hier häufig bedient wird. Das lernt man mal für das BZF und DANN lernt man am Leben und in der Praxis und entwickelt ein Gefühl für das, was nötig ist. Mein Englisch ist auch nicht Oxford-Lehrbuch Zeug. Es entwickelt sich einfach ein "Sprachgefühl", ob nun Englisch in Edinburgh oder Shanghai oder eben effizientes Funken mit Tower, FIS und Radar. Angepasst an die Realitäten. Leben ist das was passiert, wenn man mit dem Multiple Choice fertig ist.
raller schrieb:Ganz genau so ist es.
Flugfunk ist, wenn korrekt betrieben, eine reine Fachsprache, alle anderen Ebenen sind eliminiert. Keine Gefühls- und Beziehungsebene, keine Interpretation, keine Zweideutigkeit.
raller schrieb:Raller, ich gebe zu, das Lesen der vielen Seiten ist schwierig, zumal es sich zunehmend im Kreis dreht. Eine Zusammenfassung wäre nötig und ich reduziere das mal auf das, was WIRKLICH strittig oder unbeegreifbar ist und ignoriere das, was in der Endlos-Wiederholschleife steckt.
mir ist immer noch nicht klar, welchen Vorteil das Modifizieren der Sprechgruppen hat? Ich lasse ein Wort weg, weil ich es nicht mag?
Sprechgruppen sind toll und kodieren komplexe Inhalte auf eine geringe Zahl von allseits verstandenen Phrasen. Unbestritten.
Bei der ÜBERSETZUNG der Phrasen ins Deutsche wird eine Vokabel verwendet, die im Zusammenhang mit Mindset unerwünschte Nebenwirkungen hat. Das alles ändert aber nichts an der Gültigkeit und dem Sinn der Standards. Wenn schon das Thema Mindset nicht verstanden wird, ist natürlich die Vokabel wie ein Rettungsanker. So soll es ein, dafür sind Standards da.
Ich glaube, wir können uns darauf einigen, dass Standards in einer qualitativ sehr unterschiedlichen, technischen Verbindung Sprachkompetenz erfordern, um aus dem Gehörten auch das Verstandene zu machen? Ich meine, wir haben die LP 1-6 Sünde, weil einige Lizenzverwaltungen Piloten auf die Bahn geschoben haben, die außerhalb ihres Sprach-Kosmos nicht zu verstehen waren und nur wenig begriffen haben?
Nun gut, wie haben also Standards, wir haben die Deutsche Übersetzung der Standards und wir haben die NFLs zu dem Thema plus gefühlt 200 eigennützige Unternehmen, die mit der Vermittlung der Inhalte ihren Lebensunterhalt sichern. Als Deutschland sind wir ca. 3% der weltweiten GA. Seit einigen Monaten häufen sich die neuen Teilnehmer hier, die vorgeblich in den USA ihre PPL gemacht haben und darauf brennen, ihnen Schein hier zu verwenden oder umzuschreiben. Was und wo haben DIE eigentlich gelernt, was ihre PPL und ihre Ausbildung so viel besser macht als bei uns in good old Germany?
Es soll doch bitte jeder so funken, wie er es glaubt gelernt zu haben. Vielleicht liegt es an meinem Alter, aber ich mag jetzt nach sicher rund 3.000 Flugstunden nicht wirklich erkennen, was ich nach den Vorträgen hier so grundlegend falsch gemacht haben soll. Was ich allerdings erkenne ist ein zunehmendes Problem, in einer beliebigen Runde schon schriftlich Positionen auszutauschen, also Formulieren, Antwort lesen, reflektieren, begreifen, einordnen und darauf zu antworten unter Berücksichtigung des Verstandenen. Das Thema dreht sich relativ erkenntnisfrei im Kreis.
Mr. Lucky schrieb:"Whataboutism. Melde Dich wieder, wenn Du zu vernünftigem Austausch bereit bist.
t „so‘n büschen in der Kontrollzone, aber nicht weit“ auch so tolerierbar wie „so‘n büschen Phrasen, aber nicht alle?“ und wenn nicht, warum nicht und wie weit ist „nicht weit“?
wvk schrieb:Und wenn er es falsch gelernt hat, soll er einfach so weitermachen? Kein Raum vorhanden, sein Handeln zu hinterfragen und ggf. anzupassen?
Es soll doch bitte jeder so funken, wie er es glaubt gelernt zu haben.
Massstab für das richige Funken sind die Sprechgruppen. Wer davon entscheidend abweicht, das Weglassen des Gegenstückes für request als so ziemlich wichtigstes Wort überhaupt ist sogar sehr entscheidend!, sollte das ändern.
Chris
Wenn elementarste Grundlagen mutwillig verweigert werden, was soll man da noch sagen? Gutheissen werde ich das nicht. Und jeder BZF-Prüfer auch nicht.
Es passt ins Bild von dem, was im Funkverkehr zu hören ist, auch da wimmelt es von Piloten, die ihre „optimierten“ Sprüchlein zum besten geben. Mit bekanntem Resultat.
Chris
so, könnt weitermachen :-) Zwar kein Popcorn aber Rippchen auf dem Smoker....
Moin,
das Mindset ist im Sprachraum Flugfunk nicht vorhanden, denn alle "Sets" in diesem Raum sind definiert. Wer sagt wem wann was in welcher Reihenfolge zu welchem Zweck. In dem Moment, wo eine benutzte Vokabel im Anwender eine Assoziation weckt, verlässt er diesen definierten Raum. Wenn "Erbitte" für den Anwender eine Hierarchie erzeugt, liegt das Problem im Verständnis, was man gerade tut. In jeder Konversation wird normalerweise bei der Einleitung der Status der Teilnehmer festgelegt. " Guten Tag Frau / Herr " ist etwas komplett anderes auf der Beziehungsebene als " Moin, ihr Bagaluten ". Aber genau dieser Teil ist beim Flugfunk nicht enthalten, um sämtliche störende Elemente ausserhalb der reinen Sachebene zu entfernen. Bei Ärzten, der Polizei, der Marine, dem Militär, im Mannschaftssport, bei allen Gruppenveranstaltungen reduziert sich der transportierte Inhalt rapide, um deutlich effizienter kommunizieren zu können. Daher gibt es im Militär Dienstgrade, es gibt im Kommunizieren zwischen fremden Personen einer Gruppe keine ungeklärte Beziehungsebene, es ist völlig klar, wer wem was sagt.
Beim Fliegen hilft es sehr, wenn jeder seine eigene Rolle kennt und beherrscht, dem anderen aber auch seine Rolle zugesteht. Der Schlüssel, um nicht bei jedem neuen Kontakt von vorne anfangen zu müssen, sind die Sprechgruppen. Es steckt viel mehr dahinter als die reine Vokabel. Ich verstehe den Komplex Mindset schon, aber die Lösung eines Mindset ist nicht die Vermeidung einer vermeintliche Problematik durch eigenständiges Ändern der Gruppenabsprache. Ich löse damit zwar ein Problem, erzeuge aber gleichzeitig die Pflicht, auf mehr Ebenen zu hören als auf der Sachebene und somit ein weiteres, meiner Meinung nach komplexeres Problem. Es hat nichts mit "richtig" oder "falsch" zu tun, es gibt nur ein "miteinander besser".
In einer normalen Gruppe mit gefestigten Abläufen können neue Mitglieder einfach integriert werden, es ist normal für jeden Gruppenneuling, sich in und an der Gruppe zu orientieren und damit den Habitus zu übernehmen. Wenn aber in der Gruppe keine eindeutige Richtung erkennbar ist, führen neue Mitglieder zu noch mehr Chaos. Das haben wir in der Privatfliegerei in Deutschland eindeutig. Immer, wenn wir so ein Thema wie dieses hier erörtern, ist der gemeinsame Nenner, das es keinen gemeinsamen Nenner gibt, obwohl es eigentlich jede Menge Fachwissen, Erfahrungen und auch Standards gibt.
In den USA, die so häufig als bessere Luftfahrernation genannt werden, ist ein Vorteil, das nahezu der gesamte Kontext der Fliegerei seit dem 2.Weltkrieg aus ihrem Kulturkreis in ihrer Sprache entstanden ist. Ebenfalls ist die militärisch geprägte Sprachkultur deutlich bekannter als bei uns. Das entfernt einige Stolpersteine aus dem Umgang mit der Fachsprache und erhöht auch die Akzeptanz von Anfang an. Der Versuch, auf Deutsch das deutlich direktere US-Englisch zu kopieren, führt zu leichten Stilblüten, siehe "Erbitte". Mitnichten sind die Amerikaner aber die besseren oder sichereren Privatpiloten, das kann man an der Unfallraten ganz gut erkennen.
Gruß Raller
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