Sorry, aber bei so manchen Postbediensteten packt man sich einfach nur an den Kopf…
Lewitzflieger schrieb:Verweis auf allgemeinsprachliche Wörterbücher ist sone Sache.
Also ich freue mich, wenn ich bitte sagen darf, und mein Gegenüber in der Regel auch. Request hat in diesem Sinne nichts mit Unterwürfigkeit zu tun.
Die Flugfunk-Phraseologie ist in dem Sinne ja nicht Klartext-Englisch oder -Deutsch, sondern eine Art Code mit sehr reduziertem Vokabular und fester Bedeutung. Dieser Code ist für VFR international sozusagen "gleich", es werden nur die Schlüsselwörter aus der jeweiligen Landessprache ausgetauscht. Wörterbuch-Definitionen spielen dabei eigentlich keine Rolle.
Postbote schrieb:Die wissen halt auch was man von manch einem Luftsportgeräteführer erwarten kann.
aber wegen solch eines Blödsinns hat mich noch nie einer angesprochen oder zurechtgewiesen
Marvin_0 schrieb:Das ist jetzt tatsächlich etwas sehr dick aufgetragen. Tatsächlich diskutieren nicht ganz wenige Leute den Einfluss der Sprache auf das Handeln. Der "Flugleiter" ist so ein Beispiel, weil durch die Begrifflichkeit etwas suggeriert wird, was nicht da ist. Das brauchen wir jetzt aber nicht zu diskutieren. Sprache geht meistens ohne Umweg durch das Ohr direkt ins Hirn und funktioniert als Trigger, gerade wenn Stress im Spiel ist. Je eindeutiger, desto besser, desto direkter die resultierende Handlung. STOPP ist klar und eindeutig, "Halte bitte sofort an" macht den Job auch, dauert nur viel länger und ist daher für Stress eher ungeeignet.
Kein Wunder dass man sich anderenorts die Hände überm Kopf zusammenschlägt und abfällig über Mickeys spricht, wenn hier im UL Forum wieder demonstriert wird dass man nicht mal in der Lage ist aufgrund von Stolz, Männlichkeit, Ego, und was weiß ich für privaten Befindlichkeiten...
"Delta-XXX request" als Einleitungsruf und jeder weiß, was jetzt kommt. Zwei Silben, phonetisch eindeutig. "Delta-xxxx, ich hab da mal eine Frage" blockiert die Frequenz viel länger und sagt nicht mehr aus. "Delta-xxx Anfrage" geht natürlich, sind aber drei Silben und phonetisch keineswegs eindeutig.
Nach dem "Pass your message" kommt hier im Norden sehr häufig der Status von ED-Rs oder sowas. Im Englischen "D-xxx, request status of ED-R 13" entsprechend "erbitte Status der ED-R 13" oder ... - und hier steckt das sprachliche Problem. Aktive und passive Verbformen. Da haben es die Großen Britannen einfacher. Request Stutus ED-R 13 ist klar. Erbitte Status ... auch. Alles was dann an Übersetzungen kommt, ist aber aktiv. Anfrage Status hört sich fremd an. Anforderung Status ... - das können wir durchdeklinieren bis zum Ende der Wörterliste, es wird nicht besser.
Andererseits hat tatsächlich "erbitten" eine Änderung der Rolle des Piloten zur Folge nur durch die Vokabel und nur durch die Verwendung. Das passiert automatisch, dagegen kann man sich kaum wehren. Auch ignorieren macht keinen Sinn, das passiert auf Arbeitsebene Unterbewusstsein. Insofern kann ich Oliver gut verstehen. Ich selbst ertappe mich dabei, in solchen Fällen automatisch ins Englische zu wechseln.
Vielleicht etwas zu abstrakt: Stellen wir uns mal vor, an einem verkehrsreichen Platz gilt nach AIP die Anweisung Rot = blau. Wann immer jemand blau sagen will, muss er an DIESEM Platz rot funken. Kann man lernen, ist nicht so schwierig. Tatsächlich wird jeder nach ein paar Versuchen auch rot funken und alle wissen Bescheid. Es wird aber niemand rot denken, weil ja jeder blau denkt, aber rot sagen muss. Und dann kommt der Tag, wo Du zur Gefahrenabwehr blau brauchst, rot sagen musst und Dich darauf verlässt, dass jeder andere rot hört und hoffentlich blau denkt. ...
ok, vielleicht zu abstrakt.
Gruß - Wolfgang
wvk schrieb:Ich schätze deine Beiträge aufgrund ihres konstruktiven Charakters sehr.
Stellen wir uns mal vor, an einem verkehrsreichen Platz gilt nach AIP die Anweisung Rot = blau. Wann immer jemand blau sagen will, muss er an DIESEM Platz rot funken. Kann man lernen, ist nicht so schwierig. Tatsächlich wird jeder nach ein paar Versuchen auch rot funken und alle wissen Bescheid. Es wird aber niemand rot denken, weil ja jeder blau denkt, aber rot sagen muss.
Marvin_0 schrieb:Ok, argumentativ ist eigentlich alles gesagt. Versuchen wir es mal über den englischen Begriff des "Mind-Sets". Als Pilot bist Du als PIC wirklich IN COMMAND. Das ergibt sich aus einer Reihe juristischer Kleinigkeiten und den Umkehrschluss kannst Du bei der BFU nachlesen. Es ist die Verpflichtung zur eigenverantwortlichen Entscheidung. DU bist am Knüppel, also musst DU so handeln, dass unter keinen Umständen ... wir kennen das alles. Schlechtes Wetter voraus? "Was soll ich jetzt machen?" ist eine schlechte Frage. MACHEN musst DU. Einsortieren in die Platzrunde. Ist der Seitenwind zu stark? Reicht der Sprit? Ist meine Geschwindigkeit richtig? ... das können wir noch über 3-4 Seiten fortführen und am Ende mündet all das in "DU musst entscheiden!" Ist die Entscheidung falsch, stehtst ja auch nur DU vor dem Richter.
Aber, weshalb ein "erbitte" nun so weit von "request" sein soll, erschließt sich mich wirklich nicht.
Insofern ist der Rollenwandel an zwei Stellen im Luftraum über Deutschland und Österreich tatsächlich problematisch. Aus dem Entscheider wird ein Erbitter, der Pilot in Command kommuniziert mit einem (Flug-) Leiter, wer ist da "In Command"? Sicher, wir wissen das alles und dennoch fällt wirklich jeder Mensch in Stereotypen zurück. Deswegen gibt es auf Flugplätzen immernoch kleine Könige und Leute, die die Könige bereitwillig akzeptieren und deswegen gibt es Leute, die mit "Erbitten" ein Problem haben. Sie bitten um nichts, die teilen eine Entscheidung mit. Die Vokabel aber sagt etwas anderes.
Ich weiß, im Prinzip eine Nichtigkeit, dennoch kann ich Olivers Position nachvollziehen auch unter der speziellen Voraussetzung, dass Piloten ggf. nahtlos in beiden sprachlichen Systemen unterwegs sind. Sprache und die Bedeutung der Vokabeln definiert das Mindset. Das ist ein Umstand, der schlecht zu diskutieren ist, weil tatsächlich sehr viele unterbewusste Dinge Dein Handeln bestimmen.
Gruß - Wolfgang
"Erbitte QNH"
-> Was ist hier rechtlich bitte ein Problem für den PIC? Was stimmt an dieser Begrifflichkeit einer Anfrage nicht?
Inwieweit meinst du entbindet eine Anfrage den Piloten bitte von seiner Verantwortung?
"Erbitte Durchflug der Kontrollzone über November, Sierra"
oder
"Request (to) cross control zone via November, Sierra"
Ich kann nicht erkennen dass bei einer dieser beiden Varianten ein Pilot in seiner Verantwortung oder seinem Stolz unterwandert werden würde, oder warum ein "Ich möchte über November einfliegen und werde dann ihre Kontrollzone durchqueren um am Ende über Sierra wieder auszufliegen" einen Zugewinn darstellen soll.
EDIT: Wir reden hier offensichtlich aneinander vorbei.
Für mich geht es hier nicht darum, dass Leute sich aufm Infoplatz Freigaben für ihr Handeln einholen wollen.
Für mich geht es darum, dass man einen Begriff - da wo er eben tatsächlich anzuwenden ist durch Verwendung selbstausgedachter Dinge umschreibt, oder in eine andere Sprache wechselt, nur damit man nicht wie ein Bittsteller klingt.
Die Phraseologie wurde so wie sie jetzt ist nicht ohne Grund exakt so eingeführt. Bezweckt werden damit mehrere Dinge, z.B.
- möglichst kurze Funksprüche
- nicht einfach zu verwechselnde Worte
- noch gut zu verstehen bei schlechtem Empfang
- Standardisierung der Kommunikation
Eine Menge schlaue Leute haben sich über all das viele Gedanken gemacht und es anschliessend verbindlich so festgelegt.
Haltet euch doch einfach daran, was soll das hier? "Ich will aber nichts erbitten, das kränkt mich in meiner Pilotenehre..." So kommt es einem vor. Sind wir im Kindergarten?
Chris
Genau darum gehts meines Erachtens. Das habe ich auch gemeint, als ich von einer gewissen Ernsthaftigkeit sprach.
Ich weiß nicht warum das so ein Trend ist, dass manche Individueen einfach individueller sein wollen, sich durch nichts und niemand einschränken, maßregeln lassen, und was weiß ich alles.
Hier gehts doch am Ende einfach nur darum das wir alle sicher in und durch die Luft kommen. Darum bin ich so erschrocken über manche Reaktionen.
Marvin_0 schrieb:Zumal das auch kein "request" ist, sondern nur eine Idee, ein Vorhaben, aber eben noch keine echte Anfrage, das tun zu dürfen. Dieses "Erbitte" ist auch für mich das einzig sinnvolle deutsche Wort, um "request" gleichwertig zu übersetzen.
oder warum ein "Ich möchte über November einfliegen und werde dann ihre Kontrollzone durchqueren um am Ende über Sierra wieder auszufliegen" einen Zugewinn darstellen soll.
Chris
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