Steigraten bei Non-ISA-Bedingungen: Vorsicht bei großer Dichtehöhe

Forum - Unfallprävention
  • Hallo UL-Gemeinde,

    jeder lernt es in der Ausbildung: bei großer Dichtehöhe lässt die Leistung nach, Start- und Landestrecken werden größer, die maximale Steigrate nimmt ab.

    In der E-Klasse-Fliegerei gibt es in jedem Flugzeughandbuch entprechende Diagramme. In der UL-Fliegerei zumindest nicht immer. Im Handbuch meines Fliegers steht nur eine Angabe zu den Start- und Landestrecken bei MTOW und ISA-Bedingungen, mehr nicht.

    Im letzten Jahr habe ich mich mal feuchte Hände bekommen, als ich bei sommerlichen Temperaturen gestartet bin und mächtig lange gebraucht habe, um in die Luft zu kommen, wobei der Flieger nicht überladen war. "UL geht immer" scheint kein guter Merksatz zu sein.

    Deswegen habe ich mir die Vollgaskurve des Rotax 912 UL für Non-ISA-Bedingungen angeschaut und daraus die möglichen Steigraten für realistische Randbedingungen in einer einfachen Simulation gerechnet und dabei eine Vollgasdrehzahl von 5000 U/min angenommen. Mein Flieger macht etwas mehr. Unsere Vereins-C42 etwas weniger.

    Das Ergebnis: für einen 80PS- Flieger, der im antriebslosen Gleitflug 700 ft/min Sinken produziert, liegt das Steigen bei MTOW und Dichtehöhe 4000 ft möglicherweise schon unter 300 ft/min. Ab ca. 5500-6000 ft Dichtehöhe findet Steigen kaum noch statt!

    Im mächtig überladenen Zustand mit 550 kg TOW, was in der Praxis natürlich nicht vorkommt, liegt das Steigen schon bei einer Dichtehöhe von 3000 ft unter 300 ft/min und spätestens bei 5000 ft gibt es nach meiner Rechnung kein Steigen mehr (je nach den Annahmen zum Propellerwirkungsgrad).

    Ok, ich bin in der Praxis schon mal mit zwei Leuten an Bord über 6000 ft gestiegen, aber es wurde dann mühsam und ich weiß nicht, welche Dichtehöhe an dem Tag da oben war. Die Simulation ist vielleicht etwas zu pessimistisch, liegt aber nicht sehr weit daneben.

    Zu bedenken ist u.a., dass Motoren ihre Nennleistung eben nur bei Nenndrehzahl erreichen. Selbige steht aber im Startlauf und Steigflug bei einem Festpropeller eher nicht zur Verfügung. Bei 5000 U/min Vollgasdrehzahl und einer Dichtehöhe von 2500 ft stehen von nominal 80 PS (59 KW) gerade mal 58 PS (43 KW) zur Verfügung. Und je nach Propellerwirkungsgrad (65-70%?) bleiben effektiv 38 PS (28 KW) für die Überwindung des Widerstandes und für das Steigen übrig.

    Übrigens wäre die Dichtehöhe auf unserem Platz in Höxter (Elev 934 ft) bei einem QNH von 0995 und 30 grd C über der Runway schon über 3600 ft.

    Ich werde in Zukunft auch beim UL genauer darüber nachdenken, wo und mit wieviel TOW ich bei sommerlichen Temperaturen starte.

    Gruß Techbär

    Steigratensimulation für UL mit Rotax 912 UL bei Non-ISA-Bedingungen












    Sinkrate im Leerlauf bei Vy 700
    ft/min realitätsnah z.B. für Pioneer 200

    entspricht 3,6
    m/sec


    Leistungsbedarf für Steigen 10
    W/(kg x m/sec) (physikalischer Fixwert)









    Simulation der möglichen Steigraten bei Vy












    TOW: 472,5 kg Dichtehöhe
    [ft] Prop-Wirkgrd
    (Schätzung) Motorleist.
    [KW] effektive Lstg
    [KW] Steigrate
    [m/sec] Steigrate
    [ft/min]
    0 70% 52 36,4 4,1 816
    500 69% 51 35,3 3,9 772
    1000 69% 50 34,3 3,7 728
    1500 68% 48 32,2 3,3 643
    2000 67% 45 30,2 2,8 559
    2500 66% 43 28,2 2,4 476
    3000 66% 40 26,3 2,0 395
    3500 65% 38 24,7 1,7 329
    4000 64% 36 23,1 1,3 264
    4500 64% 34 21,3 1,0 187
    5000 63% 31 19,5 0,6 112
    5500 62% 29 17,7 0,2 38
    6000 61% 26 16,0 -0,2 -35
    6500 61% 24 14,3 -0,5 -106
    7000 60% 21 12,6 -0,9 -175


    Hallo UL-Gemeinde,jeder lernt es in der Ausbildung: bei großer Dichtehöhe lässt die Leistung nach, Start- und Landestrecken werden größer, die maximale Steigrate nimmt ab.In der E-Klasse-Fliegerei gibt es in jedem Flugzeughandbuch entprechende Diagramme. In der UL-Fliegerei zumindest nicht immer. Im Handbuch meines Fliegers steht nur eine Angabe zu den Start- und Landestrecken bei MTOW und ISA-Bedingungen, mehr nicht.Im letzten Jahr habe ich mich mal feuchte Hände bekommen, als ich bei sommerlichen Temperaturen gestartet bin und mächtig lange gebraucht habe, um in die Luft zu kommen, wobei der Flieger nicht überladen war. "UL geht immer" scheint kein guter Merksatz zu sein.Deswegen habe ich mir die Vollgaskurve des Rotax 912 UL für Non-ISA-Bedingungen angeschaut und daraus die möglichen Steigraten für realistische Randbedingungen in einer einfachen Simulation gerechnet und dabei eine Vollgasdrehzahl von 5000 U/min angenommen.Das Ergebnis: für einen 80PS- Flieger, der im antriebslosen Gleitflug 700 ft/min Sinken produziert, liegt das Steigen bei MTOW und Dichtehöhe 4000 ft möglicherweise schon unter 300 ft/min. Ab ca. 5500-6000 ft Dichtehöhe findet Steigen kaum noch statt! Im mächtig überladenen Zustand mit 550 kg TOW, was in der Praxis natürlich nicht vorkommt, liegt das Steigen schon bei einer Dichtehöhe von 3000 ft unter 300 ft/min und spätestens bei 5000 ft gibt es nach meiner Rechnung kein Steigen mehr (je nach den Annahmen zum Propellerwirkungsgrad).Ok, ich bin in der Praxis schon mal mit zwei Leuten an Bord über 6000 ft gestiegen, aber es wurde dann mühsam und ich weiß nicht, welche Dichtehöhe an dem Tag da oben war. Die Simulation ist vielleicht etwas zu pessimistisch, liegt aber nicht sehr weit daneben.Zu bedenken ist u.a., dass Motoren ihre Nennleistung eben nur bei Nenndrehzahl erreichen. Selbige steht aber im Startlauf und Steigflug bei einem Festpropeller eher nicht zur Verfügung. Bei 5000 U/min Vollgasdrehzahl und einer Dichtehöhe von 2500 ft stehen von nominal 80 PS (59 KW) gerade mal 58 PS (43 KW) zur Verfügung. Und je nach Propellerwirkungsgrad (65-70%?) bleiben effektiv 38 PS (28 KW) für die Überwindung des Widerstandes und für das Steigen übrig.Übrigens wäre die Dichtehöhe auf unserem Platz in Höxter (Elev 934 ft) bei einem QNH von 0995 und 30 grd C über der Runway schon über 3600 ft.Ich werde in Zukunft auch beim UL genauer darüber nachdenken, wo und mit wieviel TOW ich bei sommerlichen Temperaturen starte.Gruß Techbär

  • Meine Erfahrung mit C 42 und 80 PS , Warp,  bei echter Hitze war so: Start bei richtiger Sommerhitze ca 30 Grad in Kempten auf Grass, voll getankt, kein Problem. danach aufsteigen auf  11500 ft w g Zugspitze  auch kein Problem. Ab 9000 ft mußte man natürlich Vollgas geben , aber sie stieg weiter  problemlos.  Vielleicht liegt es daran, dass es da oben dann wieder kälter wird? 

    Problem bei großer Sommerhitze in unteren Flughöhen  stellt eher die Motorkühlung  dar. Starten auf normalen Plätzen länger 300 Meter immer easy, auch bei Grass , egal welche Höhe.   Ich versuche dann immer flott über 6000 ft zu kommen da kühlt der Motor auch bei hoher Leistung  dann wieder ab.  Bleibe ich unten muß man vielleicht sogar die Motorleistung reduzieren um den Motor zu schonen.

    Wie ist Eure Praxiserfahrung ? 

  • Bei 28°C mit meiner 80PS Remos G3 (Friede ihrer Asche) in Samedan (5600ft) und laut Tower einer Dichtehöhe von 8000ft war der Startlauf bei MTOW schon außergewöhnlich zäh. Das Abheben war kein Problem, nur blöderweise drehte in ca. 20 Metern Höhe der leichte Gegenwind wegen der Tallage auf Rückenwind. Glücklicherweise hatte ich im flachen Anfangssteigflug genügend Fahrt aufgenommen, sodaß ich nicht ins Sinken kam.

    Später bin ich bis auf FL120 gestiegen, wo dann nur noch ein Steigen von 2-300ft bei angezeigten 140km/h und Vollgas möglich war. Eine sagenhafte Aussich :-) !!. Ein Bekannter ist im Winter (und mit Sauerstoff) mit seiner 100PS G3 mal bis auf FL160 gestiegen.

    Bei einer späteren Messung brauchte ich bei 15°C und Standard QNH ca. 70 km Strecke unter einer halbe Stunde um mit 80PS von 300ft Platzhöhe (EDVM) auf FL120 zu kommen. Freigabe von Radar war natürlich vorher eingeholt.

    Achim

  • Ich kann das nicht wirklich nachvollziehen, die Rechnung stimmt so sicher nicht.

    Z.B. war ich schon oft in Kempten (2340ft), wo ich im Hochsommer oefter mal ueber 5000ft Dichtehoehe hatte. Selbst mit 2 Personen und gut getankt in meiner ollen P96 und Festpropeller (912ULS) gab es nie auch nur ansatzweise ein Problem und ich war immer laaaange vor Bahnende in der Luft. So beladen stieg das Ding bis in die Stratosphaere (E geht ueber den Alpen bis FL130)...

    2003 war ich auch dort, als eine Trinidad bei solchen Bedingungen nicht hoch kam und verunfallte (4 Verletzte), auch dann null Probleme.


    Chris

  • Hallo Techbär,
     
    Du hast vollkommen recht - auch bei einem UL muss man sich
    Gedanken über die Startstrecken machen - sowohl Aufgrund
    von Startbahnbeschaffenheit als auch Aufgrund von Dichtehöhe.
     
    Aber zu

    > und spätestens bei 5000 ft gibt es nach meiner Rechnung kein Steigen mehr

    Kann ich nur sagen:
    Da stimmt definitiv was mit Deiner Rechnung nicht!!  :-))
     
    Ich steige mit meiner 08/15 FK9 mit 80 PS auch an einem heißen
    Sommertag auf FL95 oder konnte selbst mit meinem alten Junkers
    Reiseprop (Vollgas-Startdrehzahl damals gerade mal 4700 U/min!) im
    Hochsommer bei knapp unter MTOW problemlos vom Dolmar
    raus starten.

    Einen standard UL 3-Achser, der bei 5000ft Höhe _kein_ Steigen mehr
    hat, den kenne ich nicht. Ich persönlich halte das für Unsinn.
     
    BlueSky9

  • Ich bin früher die CT geflogen (vorher Motorsegler, C 172 und PA 28) und ich muss auch sagen, dass ich im Gegensatz zu den Motorflugzeugen der 160-180 PS-Klasse immer (auch >MTOM) das Gefühl eines deutlichen Leistungsüberschusses hatte. Auf "UL geht immer" würde ich zwar auch nicht vertrauen und das durch ein "fast" ergänzen. Einschränkend muss ich allerdings noch sagen, dass die CT einen 100 PS-Motor hatte. Mit ihr war ich vollgeladen auf 10.000 ft.

    In meiner Europa werkelt ein 914 Turbo und der ist zum Glück fast immun gegen große Dichtehöhen. Er hält MCP (100 PS) bis 16.000 ft und ich war bisher bei MTOM (656 kg) bis FL 180 und hatte noch > 500FPM Steigen :-)

  • Noch ergaenzend: Hier auf La Reunion bin ich mit einer 80PS -FK9 immer wieder mit Touristen (=schwer) auf FL130 gewesen, da steigt die aber immernoch munter weiter. Dichtehoehe und Tropen... da muss ich glaub nicht viel zu sagen. :)


    Chris

  • Sorry für die miserable Formatierung meines Beitrages. Sah im Entwurf besser aus, als im Ergebnis. Ich versuch′s noch mal.

    Ja, auch meine Praxiserfahrungen sind besser als das Ergebnis meiner Rechnung. Mittlerweile habe ich den Fehler entdeckt. Die Tabelle mit der Motorleistung in Abhängigkeit von der Dichtehöhe im Rotax-Handbuch ist auf Dichtehöhe in m skaliert und ich hatte ft unterstellt. Ich hatte mich schon leise über die anscheinend drastische Leistungsabnahme mit der Höhe gewundert, bin aber nicht richtig wach geworden.

    Ich habe die Tabelle neu aufgebaut und dabei folgende Werte unterstellt:

    Sinkrate 500 ft/min im antriebslosen Gleitflug bei Vy=110 km/h, was einer Gleitzahl von 12 entspricht.
    Motorleistung in Abhängigkeit von der Dichtehöhe gemäß Rotax-Handbuch für 5000 U/min bei Vollgas
    (Abgelesen aus Diagramm, umgeschlüsselt auf Dichtehöhe in ft und interpoliert auf 500ft-Schritte).
    Propellerwirkungsgrad von 70% in Meereshöhe auf 60% in 10.000 ft abnehmend.
    Leistungsbedarf für Brutto-Steigen ist 9,81 W pro kg und m/s. Für das Netto-Steigen wird die Sinkrate abgezogen.

    Dann ergeben sich für TOW=472,5 kg Werte, die schon eher den Satz "UL geht (fast) immer" stützen. Trotzdem ist die Steigrate in 10.000 ft gegenüber dem gewohnten Wert in Meereshöhe halbiert. Das will bedacht werden. Wenn die Gleitzahl schlechter ist (8,5 z.B.) und die Insassen schwerer als gedacht, dann kann die Steigrate in 10.000 ft unter 200 ft/min liegen.

    TOW: 472,5 kg PA [ft] Eta Prop P mot [KW] P prop [KW] V vert [m/s] V vert [ft/min]
    0 70% 52,0 36,4 5,3 1046
    500 70% 51,7 35,9 5,2 1026
    1000 69% 51,4 35,5 5,1 1006
    1500 69% 51,1 35,0 5,0 986
    2000 68% 50,7 34,5 4,9 964
    2500 68% 50,3 33,9 4,8 941
    3000 67% 49,9 33,4 4,7 919
    3500 67% 49,5 32,9 4,6 898
    4000 66% 48,9 32,3 4,4 870
    4500 66% 48,3 31,6 4,3 843
    5000 65% 47,7 31,0 4,1 816
    5500 65% 46,9 30,3 4,0 785
    6000 64% 46,2 29,5 3,8 755
    6500 64% 45,4 28,8 3,7 725
    7000 63% 44,6 28,1 3,5 693
    7500 63% 43,8 27,4 3,4 662
    8000 62% 42,9 26,6 3,2 631
    8500 62% 42,1 25,9 3,0 600
    9000 61% 41,3 25,2 2,9 570
    9500 61% 40,5 24,5 2,7 540
    10000 60% 39,7 23,8 2,6 511
  • Ja das schaut plausibel aus.


    Chris

  • Hallo,

    ...ja - jetzt macht′s deutlich mehr Sinn!!  :-)))

    BlueSky9

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