Die Jugend von Heute

Forum - Plauderecke
  • Ja, ohne diesen Idealismus ehrenamtlich Tätiger wäre das Fliegen für Otto Normalbürger und die meisten jungen Interessenten nicht möglich. War selbst 4 Jahrzehnte voll aktiv mit dabei, leitete einen Fliegerclub, bildete ehrenamtlich über 40 Piloten aus und hielt meinen Kopf als Flugplatz-Boss hin, als wir große Existenzprobleme hatten.

    Ich glaube, dass ich mir meine Freiheit von all diesen Verpflichtungen und Zwängen verdient habe, meinst du nicht auch?

  • Interessantes Thema. Der Threadersteller legt natürlich recht plakativ den Finger in die Wunde vieler Vereine. Dabei betrifft die beschriebene "Problematik" der Überalterung von Vereinen natürlich nicht nur Flugsportvereine, sondern das von ehrenamtlicher Arbeit geprägte Vereinsleben im Allgemeinen. Es allerdings dabei zu belassen mit dem Finger auf die ältere Generation zu zeigen und es so darzustellen, dass "die Altern" sich bitte ändern müssen, wenn sie auch jüngere Menschen in ihren Vereinen sehen wollen, finde ich ehrlich gesagt ein bisschen zu preiswert.

    Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus gibt es im Regelfall nicht den einen Grund, der den Nachwuchs von Vereinen fernhält. Verkrustete Strukturen können durchaus ein Grund sein, aber viele Punkte, die nicht weniger ins Gewicht fallen, wurden hier noch gar nicht angesprochen:

    Das fängt bei regional völlig unterschiedlichen Voraussetzungen an, wie beispielsweise die tatsächlich aufzubringenden Kosten für den Erwerb einer Fluglizenz. In unserer Gegend (damit meine ich unseren Landkreis) kann man meines Wissen zwar vereinmäßig und mit ehrenamtlicher Arbeit die Segelfluglizenz erwerben. Eine Sportpilotenlizenz kann hier jedoch nur an einer gewerblichen Flugschule erworben werden, was mit den bekannten Kosten verbunden ist. Das mag in anderen Gegenden der Republik ähnlich sein. Und diese Kosten des Erwerbs sind für den "Durchschnittsjugendlichen" bei uns auf dem Land schlichtweg nicht erschwinglich, auch nicht mit ein paar Ferienjobs.

    Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Punkt ist der - heutzutage oft bemühte - demographische Wandel. Es gibt nunmal weniger Nachwuchs und damit weniger Menschen als noch vor 20 Jahren, die sich den Vereinen anschließen können und wollen. Das betrifft das Berufsleben genauso wie die Freizeitgestaltung, und auch daran können wir kurzfristig nichts ändern.

    Eng damit verwoben muss natürlich auch die Angebotsseite betrachtet werden: immer weniger Menschen haben immer mehr, bessere, tollere, größere, buntere, neue Angebote, die sie in Anspruch nehmen können. Es ist - zum Glück - immer noch unsere freie Entscheidung, welche der Millionen denkbaren Hobbys wir ausüben möchten. Die Bandbreite dieser Hobbys ist allerdings heute im Vergleich zu den Angeboten, die vor 20 Jahren marktbeherrschend waren, doch extrem angewachsen. Damit sinkt logischerweise die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand für das eine spezielle Hobby "Fliegen" (oder jedes andere Hobby) entscheidet, allein schon aus statistischen Gründen, die gar nichts mit der Attraktivität des jeweiligen Hobbys zu tun haben.

    Zudem finde ich, ist zwischen der Freizeitgestaltung und dem Freizeitverhalten "früher" und "heute" insgesamt ein grundsätzlicher Unterschied festzustellen. Dies mag zum Teil auf technische Tools wie Spielekonsolen oder Smartphones, auf neue Medien wie Facebook, Instagram und Co. oder auch einfach auf ein anderes Freizeitbewusstsein (mehr gemeinsame Zeit mit der eigenen Familie verbringen) zurückzuführen sein. Ich weiß nicht, was der Grund dafür ist, aber das es so ist, ist glaube ich ohne Zweifel.

    In der bisherigen Diskussion wird angeprangert, dass verkrustete Vereine unattraktiv seien. Was ein junger Mensch wie der Threadersteller von einem Verein hingegen erwarten würde, damit dieser attraktiv für ihn ist, habe ich noch nicht erkennen können.

    "Die" Lösung aller Nachwuchsprobleme lautet entweder 42 ... oder - und davon bin ich persönlich überzeugt - es gibt sie schlichtweg nicht. Ich glaube, dass jeder ehrenamtliche Verein, egal welcher Branche, für seine indiviuelle Lage einen genauso individuellen Weg finden muss, um Nachwuchs zu gewinnen.

    Ein Teil einer solchen Strategie _kann_ sein, verstärkt digitale Medien zur Ansprache einzusetzen. Es _kann_ aber genauso sinnvoll sein, Flyer zu verteilen. Fest steht aber für mich, nur auf _eine_ dieser Wege zur Ansprache zu setzen, ist ebenso wenig hilfreich wie ein falscher bzw. unpassender Mix an "Werbemaßnahmen".

    Eine Möglichkeit, die ich für die Vereine, in denen ich tätig bin, erfolgreich nutze, sind solche Vereinsmitglieder, die als "Botschafter" ihresgleichen auf Augenhöhe ansprechen können, obwohl sie vielleicht noch nicht mal über das umfangreiche Fachwissen verfügen, das altgediente Vereinsmitglieder aufweisen. Aber sie sind einfach eher in der Lage, die Leidenschaft, das Gefühl und die Freude eines Hobbys zu vermitteln.

    Dass Nachwuchs fehlt, ist unbestritten. Dass veraltete Strukturen und Menschen in den Vereinen daran die Hauptschuld haben, wie ich es in der bisherigen Diskussion wahrnehme, halte ich für falsch. Mir würde es besser gefallen, hier über erfolgreiche Wege zu lesen, die Vereine welcher Art auch immer in ihren spezifischen Regionen beschritten haben, um erfolgreich und nachhaltig Nachwuchs an den eigenen Verein zu binden.

    Gruß
    Peter

  • Hallo Peter,

    ich finde deine Einwände berechtigt. Leider hast du trotzdem meinen Beitrag  nicht so verstanden, wie ich es erhofft hatte. Die ganze Diskussion fing ja mit der „verdorbenen Jugend“ an. Das als alleinigen Grund für die Nachwuchssorgen anzuführen ist genau so unfug wie den Vereinen die Schuld zuzuschieben. Darum ging es mir nicht und als Vereinsmitglied war das auch nicht meine Intention. Vielmehr wollte ich ausdrücken, weshalb neben vielen weiteren Gründen, der Fliegerclub im Vergleich zu anderen Vereinen für Jugendliche weniger attraktiv erscheinen mag. Das ist per se keine Wertung, sondern lediglich meine These. Ohne Engagement der Vereinsälteren gäbe es die heutigen Möglichkeiten wohl kaum. 

    Sich allerdings bis in alle Ewigkeit darauf zu berufen, wird die Existenz auch nicht sichern können. Das heißt keineswegs, dass ich allen Clubs das das Aus in naher Zukunft vorhersehe, aber es wird nicht leichter werden. Deshalb bin ich mit Sukram voll auf einer Linie. Wenn der Jugendliche heute nichtmehr mit Flyer abzuholen ist, dann gehen wir halt ins Netz. Was nützt denn der beste Flugplatz und das größte Engagement wenn es irgendwann durch fehlenden Nachwuchs komplett zur Nichte gemacht wird. 

    Von daher würde es mich freuen, wenn der große Verdienst der vielen Fliegerclubs auch mal in den diversen sozialen Medien zu lesen wäre. Fliegerei selbst wird auch in Zukunft ein schönes Hobby sein. Davon bin ich überzeugt.

  • sozusagen schrieb:
    Ich glaube, dass ich mir meine Freiheit von all diesen Verpflichtungen und Zwängen verdient habe, meinst du nicht auch?
    Aber sicher!    :-))   Das habe ich nicht angezweifelt.

    Eine Sportpilotenlizenz kann hier jedoch nur an einer gewerblichen Flugschule erworben werden, was mit den bekannten Kosten verbunden ist.

    Es geht auch anders. Bei uns ist der Fluglehrer ehrenamtlich. Somit ist die Ausbildung quasi umsonst.

  • Quax der Bruchpilot schrieb:
    Der Benefit ist schon sofort da. Wir subventionieren mit der Halle die Flugkosten. Nur so ist es möglich Stundenpreise auf dem Niveau anzubieten. Das merkt jeder sofort bei jeder Flugstunde.
    Es tut mir leid, aber das ist kein direkter Benefit. Die Leute, die an dem Projekt nicht geholfen haben, bekommen den gleichen Vorteil. Ich wüsste nicht, wo das ein Benefit sein sollte, der ausschließlich für die Leute gedacht ist, die tatsächlich helfen. Das muss man unterscheiden.
    Quax der Bruchpilot schrieb:
    Die Versammlungen waren voller Enthusiasmus. Ja, wir wollen das! Und wir machen das! 6 von 52 Samstagen gemeinsame Arbeit, kein Problem! War aber nix.
    Zum Thema "einstimmig gewählt" bei Haupt- oder anderen Versammlungen von Vereinen:
    Einstimmige Wahlen sind nichts anderes als eine Abstimmung unter Gruppenzwang bei der niemand sein Gesicht verlieren möchte und die dann deswegen zur Einstimmigkeit führen. Wäre die Wahl/Abstimmung geheim gewesen und hättet ihr dazu noch Bedenkzeit eingeräumt, wäre das Ergebnis mit Sicherheit ein ganz anderes gewesen. Wie oft beobachtet man Leute bei Vereinswahlen, die ihren Arm bereits (mit)gehoben haben und dabei fragen, worum es gerade nochmal genau ging. Schon dutzende Male miterlebt...
  • sozusagen schrieb:
    Zuerst mal anmelden, gucken, was läuft, Besserwisserei, Opposition, Machtspielchen, eigene Profilierung durch Schlechtmacherei aller früheren Leistungen der älteren Mitglieder, usw. 
    Diese Aussage lässt sich (fasst) ungekürzt auch auf die "Alten Haudegen" in Bezug auf die "Neuen" anwenden.

    "Vor allem nur ja nicht Bewährtes übernehmen, könnte ja in Anerkennung ausarten."

    Und da ist leider, leider vielfach das Problem der Vereine. In der Vergangenheit Bewährtes muss nicht für alle Zeiten bewährt bleiben. Diese mangelnde Fähigkeit zur Reflexion kann schon sehr nervig sein.

    Bye Thomas

  • Von der jungen Generation wird immer wieder der Begriff "veraltete/festgefahrene Strukturen" in die Runde geworfen. Konkretes habe ich dazu aber noch nicht gehört. Was bitte sind also diese veralteten Strukturen, die als Killerargument für den Nachwuchsmangel genommen werden? Das ganze klingt mir eher nach einer bequemen Ausrede für ein Problem, für das man selbst keine Lösung hat. Fliegen kostet nun mal Kohle und ist je nach Verein (Größe, eigener Flugplatz, Material) mit sehr viel Arbeit verbunden, die kann man nicht wegdiskutieren. Das ist nur zu stemmen, wenn jeder einen gewissen Anteil bringt, da führt nichts dran vorbei. Alternativ können die Arbeiten und Wartungen auch an extern vergeben werden, aber das will natürlich keiner bezahlen.

    In den Vereinen, die ich kenne, ist es für Vorstand und Funktionsträger eine Selbstverständlichkeit, dass sie in Summe deutlich mehr machen als die Normalmitglieder. Es stößt aber auf Dauer unangenehm auf, wenn (nicht nur) die jungen Wilden dann selbst über ihren kleinen Pflichtanteil stöhnen und alle möglichen Ausreden anführen, warum sie keine Zeit haben außer zum Fliegen. Da macht es auch keinen wirklichen Unterschied, ob man Pflichtstunden festlegt oder auf eigenverantwortliche Teamarbeit setzt. Letzteres ist ein gefundenes Fressen für die Faulenzer.

  • @ Hein Mueck

    Klar, dass nicht alles, was sich in der Vergangenheit bewährt hat, für alle Zeiten richtig und gut sein muss. Ich habe versucht, darzustellen, mit welch destruktiven Typen man im Verein immer wieder mal konfrontiert wird. Dabei geht es leider nicht um den Versuch, verkrustete Strukturen aufzubrechen, sondern um Machtspielchen von Profilneurotikern. Davon gab es in den 4 Jahrzehnten meiner aktiven Zeit in 2 Vereinen nicht allzu viele, aber Unfriede und Ärger wegen der destruktiven Wirkung waren nachhaltig und das hat so manche wertvolle Idealisten vergrault.

    Dies hatte ich auch schon erlebt, als ich selbst noch einer von den jungen Anfängern war!

  • Ich persönliche halte es für sehr fragwürdig, ob sich die allgemeine Luftfahrt so wie wir sie heute kennen auch noch in 20 oder 40 Jahren darstellt. Die Faszination Fliegen hat sich doch schon deutlich relativiert, und wenn es eines Tages wirklich zu einer signifikanten Anzahl von Taxidrohnen kommen wird, dann sehe ich schwarz. Fliegen zu überschaubaren Kosten, ohne Ausbildungsvoraussetzung und Medical? Ich wäre dabei!

    Ich habe den Niedergang eines vielleicht vergleichbaren Bereichs Amateurfunk miterlebt. Vor 40 Jahren noch war die Möglichkeit mit Menschen in fremden Ländern zu kommunizieren sehr attraktiv. Auch der Selbstbau von Sende- und Empfangsgeräten war zulässig und erwünscht – beachtlich zu einer Zeit, als das 6m Kabel am Telefon NUR von der Post stammen durfte. Dann wurden aus Selbstbau, Kaufgeräte und mit Aufkommen von Internet und Mobiltelefon war der Reiz futsch.

    Als der Gesetzgeber dann irgendwann mal fragte, ob denn Tastfunkkenntnisse wirklich noch zeitgemäß wären, rief das sofort die ′alten Hasen′ auf den Plan, die das natürlich für einen nicht verhandelbaren Beweis der Ernsthaftigkeit des Bewerbers für notwendig befanden. Ein Irrsinn, der mittlerweile aufgehoben ist, der aber den Niedergang auch nicht aufhalten konnte. Beim Flugmodellbau, einem Hobby, das ich auch schon 45 Jahre betreibe, ist es nicht viel anders.

    Ich sehe da durchaus Parallelen mit der allgemein Luftfahrt und den Vereinen gegeben, deshalb meine eher etwas pessimistische Einschätzung, die Ihr aber sicher gleich zerstreuen werdet!?

  • LowRoad schrieb:
    Ich sehe da durchaus Parallelen mit der allgemein Luftfahrt und den Vereinen gegeben, deshalb meine eher etwas pessimistische Einschätzung, die Ihr aber sicher gleich zerstreuen werdet!?
    Nicht wirklich. Finisher hat ja schon gut beschrieben, welche Faktoren zu den Problemen beitragen. Die immer mehr wachsende Anzahl an Freizeitalternativen mit ihrem im Vergleich zur Fliegerei (insbesondere Segelflug) viel besseren Verhältnis von Action/Zeitaufwand wird dafür sorgen, dass sich die Fliegerei in Zukunft sehr warm anziehen muss. Erschwerend kommt hinzu, dass wir dazu gezwungen werden, immer mehr Papier zu produzieren und dafür viele Euros rauszuwerfen und die Fliegerei in der Öffentlichkeit ohnehin als elitäres Hobby von reichen Schnöseln und "Lärmterroristen" wahrgenommen wird. Daher auch keine Unterstützung durch die Politik.
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