Ich habe Zeit.
Der Lehrgang beginnt um neun. Es ist erst halb acht, das Frühstück in der kleinen Pension war gut und es packt mich die Unternehmungslust.
Die Natur ist nach klarer Nacht reifgeschmückt. Die Sonne steht schon über dem Horizont, ist aber von Nebelbänken verdeckt . Eine ganz eigentümliche Lichtstimmung prägt den frostigen Morgen. Durch die weiße Watte dringen vereinzelt Vogelstimmen.
Ich will die 7 km bis zum Tagungsort mit dem Rad zurücklegen und dabei den schönsten (Um-)Weg wählen.
Zum nächsten Dorf geht es bergab, danach unweigerlich wieder bergauf. Das ist an diesem schönen Morgen mehr eine Lust als eine Last. Nach der Karte habe ich eine Strecke gewählt, die vom morgendlichen Berufsverkehr nur wenig berührt ist, bis der Weg dann in die großen Verkehrsschlagadern rund um das neue Bauwerk mündet.
Um acht bin ich am Platz und freue mich über die Gelegenheit, das Gelände eine ganze Stunde lang ungestört erkunden zu können, wobei das Rad mir Beweglichkeit schenkt.
Die Sonnenscheibe ist jetzt durch den lichter werdenden Nebel zu sehen. In Richtung Westen ist die Sicht frei, der Himmel dunkelblau, bereifte Wiesen und weiße Gebäude leuchten hell im flachen Streiflicht. Große Flächen aus kurz gemähtem Gras werden von ausgedehnten Strukturen aus Bahnen, Roll- und Betriebswegen, Vorfeld- und Abstellflächen gegliedert. Der Blick geht über viele Kilometer frei in alle Richtungen.
Na ja, nicht ganz frei. Die Zwänge unserer modernen Zeit erfordern Zaunbauwerke, die Eingeweihte mit Zugangsrecht von Außenstehenden trennen. Es gibt ein paar Stellen, an denen man aus erhöhter Position ungehindert über die Zäune schauen kann. Einer der örtlichen Vereine hat sich mit seiner Hütte und kleinem Kaffee besonders geschickt auf einem Hügel über der Zaunlinie platziert. Ein Traum für Besucher!
Über das Gelände verteilt stehen Gebäude ganz unterschiedlicher Form und Größe. Kundigem Blick erschließen sich die Zweckbestimmungen der Bauten. Alle sind nagelneu und großzügig aber nicht übertrieben groß ausgelegt. Das moderne Design schmeichelt dem Auge des Betrachters. Zugegeben, das ist eine sehr subjektiver Wertung, aber so kann man es sehen. Ich spüre das Können und das Engagement der gestaltenden Menschen.
Die riesigen Wiesenflächen, extensiv und mit naturkundlichem Verstand gepflegt, so nehme ich an, werden sich zu einem Paradies für viele verschiedene Tier- und Pflanzenarten entwickeln, die offenes Gelände lieben und es in unserer Kulturlandschaft sonst schwer haben. Die laute aber seltene Betriebsamkeit der Menschenmaschinen stört da überhaupt nicht. Man kennt sich, vertraut auf die Einhaltung bekannter Bewegungsmuster, und lässt sich gegenseitig den Raum zum Leben.
Ich stromere durch das Gelände, probiere jeden Stichweg aus, suche mir die schönsten Stellen zum Fotografieren und drifte dabei langsam in Richtung meines Ziels. Es ist ein wunderschöner Morgen und ich liebe Flugplätze. Auch diesen Flugplatz! Und ich wünsche Kassel Calden und seinen Menschen alles Gute.
Aktuell sind 31 Besucher online, davon 2 Mitglieder und 29 Gäste.