Wir kennen ihn schon, unseren Piloten. Ein eigenes Flugzeug? Wohl eher nicht. Für die bestenfalls 30 Stunden pro Jahr, die sein knappes Zeitbudget zulässt, ist chartern eindeutig die bessere Möglichkeit. Meist fliegt er erweiterte Runden um den heimischen Kirchturm und ist glücklich dabei.

Und dann ändert sich etwas.

Das Schicksal ist uns nicht immer hold. Die Umstände, die sein Zeitbudget erweitern, sind trauriger Natur. Aber es ist größer geworden, sein Zeitbudget für Freizeitaktivitäten.

Wie würden Sie erweiterte Freiheiten nutzen? Bestimmt haben Sie Ihre eigenen Antworten darauf.

Unser Pilot fliegt häufiger und länger. Er engagiert sich in einem Verein. Und er kann Stunden und Tage auf dem Flugplatz zubringen, auch wenn nicht geflogen werden kann.

Was wissen Sie von der Atmosphäre auf einem Flugplatz am frühen Morgen, vielleicht einem nebligen Morgen an einem Tag, der schön zu werden verspricht? Was spüren Sie, wenn Sie als erster oder als erste auf dem Platz sind, die Vögel hören, den leichten Wind spüren, kraftvoll die schweren Tore aufschieben und voller Vorfreude ein Flugzeug aus der Halle ziehen? Sie wissen es nicht? Probieren Sie es!

Eine Idee keimt auf. Wie wäre es, wenn man mal für ein paar Tage mit einer geliehenen Maschine auf eigene Faust die deutsche Küste abfliegen würde? Vom Dollart, an den Inseln vorbei, weiter zur Elbe und nach Schleswig Holstein, bis an die Dänische Grenze und dann weiter zur Ostsee bis fast nach Polen? Das wär′ doch was. Man könnte ein Zelt mitnehmen, einen Gaskocher auch, Kaffee und was man sonst noch braucht, um eine Zeit lang unabhängig zu sein.

So wird es gemacht. Zwei ganz besonders nette Leute leihen ihm ihr Flugzeug und dem Vergnügen steht nichts mehr im Wege. Na ja, vielleicht noch das Wetter.

Sagt Ihnen „35 kt cross“ etwas? Wenn Sie diese Geschichte bis hierher gelesen haben, dann ganz bestimmt. Cross geht gar nicht. Also wird für die erste Etappe eine Destination mit einer geeigneten Landerichtung gesucht, und schon werden aus den 35 kt cross eine interessante Hilfe für eine gelungene Kurzlandung. Flexibel muss man sein!

Allerdings gibt es den Windsprung nach Durchzug einer Kaltfront. Die Windrichtung ändert sich ziemlich schnell – so ungefähr um 45 grd rechts herum. Und schon sind es wieder 35 kt cross! An einen Start ist 3 Tage lang nicht zu denken.

Was macht das schon, wenn man Urlaub hat und in einer schönen Küstengegend „gestrandet“ ist. Es tut ihm gut, den Wind um die Nase zu spüren und den Blick weit in die Ferne schweifen zu lassen. Beim Laufen entlang der Küste kann er dem Kommen und Gehen der Wolken zusehen. „Hochreichend labil geschichtete Meereskaltluft polaren Urprungs“ bringt im Sommer besonders interessante Effekte hervor. Am Meer fühlt er sich einem verlorenen Schatz wieder nahe und die Zeit wird ihm nicht lang.

Das kleine Flugzeug steht sicher vertäut auf dem Platz. Er kümmert sich mit Hingabe darum, weil er schöne Technik mag. Flugzeuge danken es einem – sagt man. Was für ein Unsinn! (?)

Nach drei Tagen kann das eigentliche Vorhaben fortgesetzt werden. Nicht in vollem Umfang – wetterbedingt – aber doch weitgehend. Der Traum vom Fliegen – er lebt ihn! Das Gefühl von Freiheit, abends mit dem Zelt neben der Maschine, mit dem Blick weit über die Landschaft. Herr seiner Zeit, seiner Kräfte, seine Entscheidungen. Das ist Leben!

Stolz und beschwingt kommt er nach ein paar Tagen heim. Das Flugzeug wird sorgfältig geputzt und heil zurückgegeben. Beim Verlassen des Hangars dreht er sich noch ein paarmal danach um. Es war ein guter Kamerad in diesen Tagen.

„Das könntest Du ruhig öfter machen“, überlegt er.