"Langstreckenflug"

Forum - Plauderecke
  • Moien zusammen,
    ich weiß nicht genau, wie man einen Langstreckenflug definiert. Mit einem Airliner bestimmt anders als mit dem UL. Deshalb hab ich das Thema in Gänsefüßchen gesetzt.
    Der Anlass war, das ein Breezer ins Werk zwecks Umbau sollte. Da der "Werksflugplatz" Bredstedt wegen einer Veranstaltung gesperrt war, wurde er nach Husum Schwesing (EDXJ) geflogen.
    Der Flug sollte von EDKV über EDLF, EDWN, EDWH nach EDXJ gehen.
    An 16. 08. 2014 sollte der Flug stattfinden. daher war ich früh am Flugplatz, um das Wetter zu checken. Die Vorhersage sah für die Strecke  nicht berauschend, aber fliegbar aus. Immer wieder Schauern, aber auch freie Strecken, Untergrenzen zwischen 1000 und 2500 ft.
    Wie immer bei längeren Flügen habe ich bei der Flugvorbereitung auch eine Verbrauchs-, Gewichts,- und Schwerpunkberechnung gemacht.
    Der Schwerpunkt war im grünen, eine leichte Lastigskeitsverschiebung ergab sich durch den leerer werdenen Tank.
    Den Verbrauch habe ich dem Rotax- Handbuch entnommen. Da es zügig voran gehen sollte (laut der Breezer - Webseite liegt die Reisegeschwindigkeit bei 200 km/h, +/- Wind natürlich) habe ich 20L/h gerechnet. Mit einer ausreichenden Reserve musste ich dann mit einem randvollen Tank abfliegen.
    Die Gewichtsbilanz sah daher so aus: Leergewicht ab (laut Breezer Webseite) 297 kg. Das vorliegende Modell war aufgrund seiner Austattung etwas schwerer. Benzin: 76 l, also 54,7 kg. Ich, der Jeck mit 93 kg + Klamotten, Dschipiehess und Schubidou, Karten, Bordservice (Käsebrote und ne 1,5 l Flasche Getränk) also 110 kg, war ich schon nah an den 472,5 kg MTOW.
    Eigentlich sollte ich noch einen 2. Piloten mitnehmen, der etwas Streckenerfahrung sammeln wollte. das habe ich dann aber abgelehnt. Der Besitzer des Fliegers war schon am Tag vorher mit dem Auto hochgefahren, als Rückholer.
    Geplant waren 3 h Flugzeit, 2,5 Stunden für die Strecke (512 km) plus eine halbe Stunde um den Westwind (15-20 kts) auszugleichen und Schauern zu umfliegen.
    Kurz vor 09:00 Uhr stand ich startbereit an der Bahn. Da gerade ein kurzer, aber heftiger Schauer durchzog, durfte der Rotax etwas länger warmlaufen. Bei einer Öltemperatur von 55° war der Schauer durch, und es wurde sofort gestartet, da der nächste schon im Anmarsch war. Also Start mit 400 ft Untergrenze und dann gleich nach dem Abheben nach Norden weg, da sah es besser aus. Die Böenwalze des nächsten Schauers erwischte mich noch beim Steigflug. da hat es den Breezer mit gut 4g durchgeschüttelt ( ich turne öfter, im Turngerät ist auch ein G-Meter, ich denke, das kann ich ganz gut einschätzen). Nach ein paar Minuten Flugzeit hatte ich 700 ft, dann ging es weiter mit 700 bis 1000 ft Untergrenze bis hinter das Ruhrgebiet. Querab Duisburg stiegen dann die Untergrenzen auf 1500 bis 2000 ft an, und die Schauerneigung ließ nach, so das ab da relativ ruhiges fliegen möglich war.
    Da ich auf die angegebene Reisegeschwindigkeit von 200 km/h wollte, ließ ich den Rotax mit ca. 5400 Upm drehen. Der Fahrtmesser zeigte dann zwischen 185 und 190 km/h an. Das GPS eine Grundgeschwindigkeit von 85 kts, also knapp 160 km/h, der Westwind wollte eben ausgeglichen werden. Die Drehzahl ließ sich aufgrund des von Breezer verwendeten Gasschiebers mit Feineinstellung sehr genau regulieren und blieb, einmal eingestellt, konstant. Die Temperaturen von Öl und Kühlmittel genau in der Mitte des grünen Bereichs blieben den ganzen Flug über auch konstant.
    So konnte ich den Flug über das norddeutsche Tiefland in Ruhe genießen, ab Oldenburg entlang der Weser, über die Wesermündung übers Watt, an der Elbmündung vorbei, die ost - und nordfriesischen Inseln zum Teil in Sicht. Bremen Information fragte ab un an nach dem Wetter auf meinem Flugweg, um das an andere Flieger weiter zu geben. Die letzten Schauern musste ich bei Oldenburg umfliegen.
    Die Landung in Husum war dann trotz ordentlich Seitenwind unproblematisch.
    Der Besitzer des Fliegers und Daniel Röger von Breezer waren schon da, um mich abzuholen. Dann ging es mit dem Auto nach Bredstedt zu einer kurzen, aber informativen Werksbesichtigung. Breezer verwendet für den Bau der Zellen ausschließlich zertifizierte Werkstoffe, die auch noch vorbildlich verarbeitet werden. Das auch der Motoreinbau da sehr sauber gelöst ist, hat ja schon die Konstanz der Temperaturen während des Fluges bewiesen. Die Fahrwerke sind recht stabil, aber trotzden ist die Befestigung derselben servicefreundlich, für den Fall der Fälle (der Flieger soll und wird ja auch im Schulbetrieb eingesetzt). Alles in allem: Qualität made in Germany.
    Fazit:
    Der Flug hat, auch wegen dem anfänglich miesen Wetter, Spaß gemacht. Gebraucht habe ich 3:01 h, und 63 l Mogas. Also hat die Planung gepasst, mit einem Spritverbrauch von 21 l/h, das passt für 100 PS. Auf die 200 km/h (indicated) bin ich nicht ganz gekommen. Kann aber am Fahrtmesser liegen. Jedenfalls hat die angezeigte Geschwindigkeit mit Vorhaltewinkel und Groundspeed zusammen gepasst. Ein guter Reiseflieger ist der Breezer auch, wenn man alleine fliegt.
    Gruß
    Pedro
    PS: Den Breezer mit dem Jabiru Motor habe ich gesehen. Für mich wäre das etwas, wenn ich nicht schon einen Flieger hätte. Da käme dann noch: Akkuflex angeworfen, das Bugrad wegeflext, das Hauptfahrwerk etwas nach vorne und ein Spornrad montiert. Leider kann ich mir keine 2 Flieger leisten :-(
  • Danke für den Bericht, Pedro. Interessant :-)

    Mein längster Flug war bisher Essen - Kaufbeuren, knapp 2,5 h. Wetter war aber einfacher.

    VG

    Roland

  • Die Gewichtsbilanz sah daher so aus: Leergewicht ab (laut Breezer Webseite) 297 kg.


    Schöner Bericht!
    Einen kleinen Kommentar kann ich mir nicht verkneifen, der ist aber nicht böse gemeint.
    Du musst  mit dem Gewicht aus dem Wägebericht rechnen, auf den Webseiten der Hersteller stehen überall ganz tolle Werte;-)


    LG

    Dirk
  • Du musst mit dem Gewicht aus dem Wägebericht rechnen, auf den Webseiten der Hersteller stehen überall ganz tolle Werte;-)
    Moien Dirk,
    sicher, du hast recht. Ich habe auch mit dem Gewicht im Wägebericht gerechnet, der lag bei 318 kg.
    Deshalb habe ich ja auch die Mitnahme eines 2. Piloten verweigert.
    Ich war ja schon mit mir und meinem Krempel, und mit dem vollen Tank gut am MTOW. Bei den Wetterverhältnissen, es war ja immer mit Schauerböen zu rechnen, war das genug. nochmal knapp 100 kg mehr wäre mir zuviel gewesen.
    Aber nicht nur beim Gewicht stehen auf den Webseiten der Hersteller tolle Werte: die Reisegeschwindigkeit ist dort mit 200 km/h angegeben, der durchnittliche Spritverbrauch mit 13 bis 15 Litern.
    Gruß, P.
     
  • Aber nicht nur beim Gewicht stehen auf den Webseiten der Hersteller tolle Werte: die Reisegeschwindigkeit ist dort mit 200 km/h angegeben, der durchnittliche Spritverbrauch mit 13 bis 15 Litern.
    Naja, es gibt sicherlich ein paar (wenige!?) Flieger, die das auch einigermaßen schaffen, wenn die "Kombination" stimmt (zB aerodynamisch gut gebaut, evtl. Verstellprop, 80PS Rotax). Eine Pipistrel (912 UL) zB.

    VG Mike
  • Diese Hersteller (z. B. Pipistrel) geben dann aber auch wieder gleich ganz andere Leistungen an, die wiederum genauso hochgegriffen sind. Erreichen der Herstellerangaben bleibt seltene (und rühmliche) Ausnahme. Meine Europa soll mit dem 914er in 10.000 ft 307 km/h max. Reise erreichen - haha :-)

    Andererseits gebe ich dir Recht, dass es schon einen Unterschied macht, wie gut die Bauqualität ist und natürlich welcher Prop (da gibt′s selbst unter den CS.Props seeehr große Leistungsunterschiede).

  • war schon ok mit den gänsefüßchen - smile!
  • Naja, es gibt sicherlich ein paar (wenige!?) Flieger, die das auch einigermaßen schaffen, wenn die "Kombination" stimmt (zB aerodynamisch gut gebaut, evtl. Verstellprop, 80PS Rotax). Eine Pipistrel (912 UL) zB.
    Die Pipistrel kenne ich nicht. Aber ich seh mir mal die Webseite an. Ich gehe jetzt mal davon aus, das es sich um eine moderne Konstruktion handelt.
    Mein eigener Flieger ist ja kein UL, sondern eine BahPfui E-Klasse. Ist aber leergewichtsmäßig ziemlich nahe an einem UL. Gut, MTOW ist deutlich höher. Die Konstruktion stammt aus den 40er Jahren, gebaut wurde sie Anfang der 60er, ist also jetzt knapp 52 1/2 Jahre alt. Hat auch 100 PS, die kommen aber von einem Spritschlucker-RR-Conti O-200.
    Den Benzinverbrauch hab ich, seit ich den Flieger habe (knapp 20 Jahre) ständig im Auge behalten, und der liegt bei durchschnittlich 21,5 L. Also 0,5 L mehr, als der Spritsparerrotax.
    Der Gag an der Sache ist, das mein Fliegerchen im richtigen Leben (also nicht im Prospekt) auch noch schneller fliegt. Die Reisegeschwindigkeit liegt zwischen 210 und 230 km/h (laut Fahrtmesser). Die Groundspeed ist natürlich vom aktuellen Wind abhängig.
    Ich hätte für die gleiche Strecke unter den gleichen Bedingungen mit meinem ollen Kirmesvogel 20 Minuten weniger gebraucht, als mit dem Breezer, bei letztendlich gleichem Verbrauch.
    Ich unterscheide grundsätzlich zwischen "Reiseflug" und "Kaffeetour". Beim Reiseflug geht es mir darum, die vorgegebene Strecke schnellstmöglich hinter mich zu bringen. Das heißt: möglichst schnell, bei einem vertretbaren Verbrauch. Bei der Sonntagnachmittagkaffeetour wird Sightseeing gemacht, langsam geflogen, hier mal geschaut und da mal. Irgendwo gelandet, Tass Kaff und Kuchen und dann weiter. Der Verbrauch liegt dann auch bei einem ollen O-200 bei 13-15 L. Also ist der Unterschied im Verbrauch bei einem ollen Spritfresser und einem modernen Rotax fast nicht vorhanden. Hat mich etwas gewundert.
    Gruß
    Pedro
  • @d-mike

    Hallo Mike,

    für die Zulassung des Sinus in Deutschland liefert Pipistrel ein verstärktes und gleichzeitig gewichtsreduziertes Modell (bei entsprechendem Aufpreis). Nähere Infos bei Peter Götzner.

    b.t.w. Der Sinus ist ein tolles Flugzeug - pardon "Luftsportgerät" - und fliegt sich großartig!

    Happy landings
    Conny
  • Hallo,

    schöner Bericht!

    Aber

    > Der Fahrtmesser zeigte dann zwischen 185 und 190 km/h an...
    > mit einem Spritverbrauch von 21 l/h...
    > Ein guter Reiseflieger ist der Breezer auch...

    ähh....

    also ehrlich gesagt, ich "reise" da mit meinem
    Gickel doch deutlich anders  :-)

    IAS bei "nur" 165km/h aber mit nur 11,5 l/h

    (Mit meiner Frau und 45kg Sprit erreiche ich noch nicht
     das MTOW - komme aber so über 800km weit...)

    *das* nenn ich "Reiseflieger"!    (oder leichte Frau ;-))))

    Beim "Kirchturmfliegen" gebe ich Dir vollkommen Recht:
    Speed oder Verbrauch sind da Nebensache.
    Aber "auf Reise" habe ich über viele Jahre nur einen
    Streckenverbrauch von ca. 7l/100km


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